Konsequent schärft Robert Meyer das Profil der von ihm geleiteten Wiener Volksoper. Er erobert das große Repertoire zurück, spielt wieder Giacomo Puccinis "Tosca", die an seinem Haus 1907 ihre Österreich-Premiere erlebt hatte, tut dies in deutscher Sprache - aber mit einem recht wortdeutlich singenden Ensemble. Und weil die Staatsoper den Reißer seit 1958 in der Inszenierung von Margarethe Wallmann zeigt, setzt er auf eine zeitgemäße Regiearbeit. Dabei mied er aber jegliches Risiko, lud er doch Alfred Kirchner ein, seine Frankfurter Inszenierung von 2001 für Wien zu adaptieren.

Gelungener Spagat. Der ehemalige Co-Direktor von Claus Peymann am Wiener Burgtheater schafft gemeinsam mit seinem Ausstatter Karl Kneidl den Spagat zwischen historischer Fixierung und behutsamer Modernisierung, um plattem Realismus zu entkommen. Die Titelheldin springt denn auch nicht in die Tiefe, sondern bricht auf der Plattform der Engelsburg tot zusammen, während die Silhouette der Peterskuppel verschwindet.

Ohne gravierende Verfremdungen. Kirchner erzählt das Drama um Eifersucht und Sex, Gewalt und Tod ohne gravierende Verfremdungen mit durchdachter, psychologisch motivierter, ausgefeilter Personenregie.

Launische Diva. Er zeigt Tosca als launische Diva mit explosivem Temperament. Die schwedische Sopranistin Ann-Marie Backlund stürzt sich mit bedingungslosem Engagement in diese Rolle, die sie mit beträchtlichen dramatischen Reserven vokal ausfüllt. János Bándi, ein hölzerner Darsteller, bringt für den Cavaradossi einen stämmigen, aber nur im Forte ansprechenden Tenor mit. Morten Frank Larsen zeichnet ein fassettenreiches Porträt des zynischen Gewaltmenschen Scarpia, Martin Winkler befreit den Mesner von allen komischen Zügen. Josep Caballé-Domenech schürt am Pult das dramatische Feuer.