Darf ich Sie zu Beginn unseres Gesprächs um einige statistische Angaben zu Ihrer Verfilmung von "Krieg und Frieden" bitten?
ROBERT DORNHELM: Als Budget hatten wir etwas mehr als 25 Millionen Euro. Sieben Länder waren finanziell beteiligt. Die Entwicklung hat 18 Monate gedauert, wir haben fünf Monate gedreht – Sommer, Herbst und Winter. Der größte Teil entstand in Litauen. In St. Petersburg waren wir rund drei Wochen.

Was sprach für Litauen?
DORNHELM: Dass es noch immer nicht einfach ist, in Russland zu filmen. Dass es in Litauen eine sehr gut funktionierende Filmproduktions-Struktur gibt. Dass die Schlachtfelder, die wir brauchten, ganz in der Nähe waren. Nur in Rumänien hätten wir noch billiger drehen können, doch dort wäre die Szenerie für die Schlachtfelder viel weiter weg gelegen.

Schon zwei Mal diente Leo Tolstois Roman, in der deutschen Fassung 1500 Seiten lang, als Vorlage für Kinoprojekte. Erst war es ein Hollywood-Streifen von King Vidor, dann schuf Sergej Bondartschuk eine ungemein beeindruckende russische Version. Hatten Sie keine Angst vor dieser Konkurrenz?
DORNHELM: Vergleiche wären nicht legitim. Der weit bessere Film war ja der von Bondartschuk, das weitaus größte Projekt, das je in der ehemaligen Sowjetunion realisiert wurde. Das war sozusagen die Antwort der Russen auf die Mondlandung der Amis. Drei Jahre lang standen Bondartschuk 40.000 Soldaten der Roten Armee als Statisten zur Verfügung. Ich hatte nur die Wahl, meinen eigenen Weg zu gehen, meinen eigenen Film zu machen.

In Frankreich und Italien war der Vierteiler bereits auf den Bildschirmen. Mit jeweils ungefähr fünf Millionen Zusehern. Was lässt Sie jetzt auf hohe Quoten in Deutschland und Österreich hoffen?
DORNHELM: Dass es eine Geschichte über junge Leute ist. Sie müsste also auch junge Leute ansprechen. Unser Produzent Jan Mojto meint, wir sollten nicht zu viel von Literaturverfilmung reden, denn eine Umfrage hätte ergeben, dass die Jugend weder mit dem Titel "Krieg und Frieden" noch mit dem Namen Leo Tolstoi viel anzufangen weiß.

Im Film sehen wir natürlich auch den Krieg, in teils brutalen Bildern. Was ist Ihre Meinung über Krieg?
DORNHELM: Krieg ist der Triumph von Wahnsinn, Geisteskrankheit, Dummheit über die Intelligenz. Mit meinen Bildern möchte ich die Zuschauer sensibilisieren und dazu beitragen, dass Männer nicht mehr so oft in Kriege ziehen müssen.

Waren deren Motive zur Zeit, in der "Krieg und Frieden" spielt, nicht bisweilen merkwürdig?
DORNHELM: Die Flucht aus einer schlechten Ehe war oft ein Motiv. Nicht nur zu dieser Zeit.

Alle Beteiligten loben Sie als Regisseur, aber ebenso als Koch. Ihr Komponist Jan A. P. Kaszmarek, Oscar-Preisträger für "Finding Neverland", soll gleich nach dem ersten Mahl bei Ihnen für den Film zugesagt haben. Was haben Sie aufgetischt?
DORNHELM: Litauen ist das Land der Pilze, also habe ich Gerichte mit Schwammerln zubereitet. Anfangs griffen sie nur sehr zögerlich zu, aber nachdem die ersten die Mahlzeiten überlebt hatten, herrschte reger Andrang.

Der Produzent Jan Mojto hat gesagt, man könne Ihre Definition von Regie mit der fürs Kochen vergleichen?
DORNHELM: Er meint wohl: Man nehme gute Zutaten, lasse das Ganze gedeihen und rühre nicht zu viel um. Sonst wird es immer ein Gulasch. Mojto meint auch, er könne sich selbst im Nachhinein nicht vorstellen, was man an diesem Vierteiler besser hätte machen können.

Sie beide werden ja auch in diesem Jahr wieder kooperieren. Zunächst für die Verfilmung von Giacomo Puccinis Oper "La Bohème" mit Anna Netrebko und Rolando Villazón und dann für einen Zweiteiler über die Wiener Türkenbelagerung. Wann geht es los mit "La Bohéme"?
DORNHELM: Ende Jänner in Wien. Alle Gesangsaufnahmen sind schon gemacht, demnach hat sich die Erkrankung von Rolando Villazón nicht auf das Projekt ausgewirkt. Zuletzt war ich dabei, mit Bühnenbildnern und Malern einen Zugang zu finden.

Wie hoch ist das Budget für diese Produktion?
DORNHELM: Zwischen vier und viereinhalb Millionen Euro.

Bleibt die Verfilmung im Opernrahmen oder gehen Sie darüber hinaus?
DORNHELM: "La Bohéme" ist eine Oper. Dessen sind wir uns bewusst. Auch wenn die Handlung nicht auf der Bühne spielt, werden wir nicht so tun, als würden wir uns zum Zeitpunkt der Geschichte irgendwo in Paris befinden. Die Dynamik kommt vom Medium Film, die Bilder kommen aus einer künstlichen Welt.

Wie ist Ihr persönlicher Zugang zu den beiden Protagonisten, zum "Traumpaar der Oper"?
DORNHELM: Anna ist zauberhaft. Die liebe ich. Und Rolando ist ein ganz prima Bursche. Schon allein wegen der beiden wollte ich das unbedingt machen.

Was macht Ihr großes Karajan-Porträt zum 100. Geburtstag des aus Salzburg stammenden Dirigenten, den es am 5. April zu feiern gilt?
DORNHELM: Es ist sendefertig.