Vorweg: Das jüngste Stück der neuenbuehnevillach hat große Klasse, weil es den Finger auf gleich mehrere gesellschaftliche Wunden legt. "Shining City" des Iren Conor McPherson arbeitet sich konzentriert durch Schuldgefühle und Sehnsüchte von zwei Männern. Ein erstklassiger Wolfgang Klivana als frisch verwitweter Durchschnittsmann John sucht Hilfe beim selbst krisengeschüttelten, wenn auch äußerlich ruhigen Ian (ebenfalls superb: Andreas Puehringer). John berichtet im geschickt von Bühnenbildner Andreas Lungenschmid angedeuteten Therapie- und Wohnzimmer, dass ihn die Erscheinung seiner Frau verfolgt (oder ist sie gar nicht tot?).

Große Strecken. Ein über große Strecken von John getragener Akt der Selbstoffenbarung ist vom Autor McPherson klug und stimmig angelegt, jedoch schon vor der Pause sehr ermüdend. Vielleicht sollte man doch ein paar Striche vornehmen?

Ein Aufrüttler. Ein Aufrüttler ist die Szene mit der Geliebten von Ian: Sehr engagiert zeigt Julia Urban ihre Enttäuschung, weil sich der einstige Priester und jetzige Partner und Psychotherapeut nach gemeinsam überwundener Geldknappheit jetzt, in einer neuerlichen Krise, von ihr abwendet. Wie hingeworfen, aber im Kontext stimmig, wie "Strichjunge" Martin Schinagl Ian dazu bringt, seiner latenten Homosexualität nachzugeben.

Geistreich Dank der Regie von Georg Clementi fühlt man sich nicht wie im Theater, sondern wie ein Teilnehmer am Alltagsgeschehen. Prickeln erzeugen kurze, atmosphärische Videoclips wie lyrische Einsprengsel, deren Botschaft sich gruselig auflöst. Das für den Tony Award 2006 nominierte Stück hält noch einen überraschenden Schluss parat. Die österreichische Erstaufführung ist als geistreiche Unterhaltung empfehlenswert.