Mister DiCaprio, Sie haben unmittelbar vor diesem Interview erfahren, dass Sie neuerlich für einen Oscar nominiert sind, diesmal für seine Leistung als windiger Ex-Söldner in Edward Zwicks "Blood Diamond". Wie fühlen Sie sich?
LEONARDO DiCAPRIO: Ich bin nicht Heuchler genug, um zu behaupten, es sei mir gleichgültig. Natürlich freue ich mich riesig, vor allem, weil ich für einen Film nominiert bin, der etwas zu sagen hat.

Edward Zwick greift zwei heiße Eisen auf: Die "schmutzigen Diamanten" und die Kindersoldaten in Afrika. Sie haben mehrere Monate dort gedreht. Hat das Ihr Leben verändert?
DiCAPRIO: Klipp und klar: Ja! Wenn man erfährt, dass die Warlords ihren Krieg in Sierra Leone - wo unsere Story spielt - mit Diamanten finanziert haben, wobei vier Millionen Menschen starben, wenn man mitbekommt, dass in Südafrika, wo wir einen Großteil drehten, vier von zehn Menschen Aids haben, hörst auch auf, dich über banale Dinge deines Lebens zu beklagen und zu jammern.

Würden Sie Ihren Damen jetzt nach wie vor Juwelen kaufen?
DiCAPRIO: Schon, aber nur, wenn ich mich überzeugt habe, dass es "saubere" Diamanten sind, die nicht aus Konfliktgebieten kommen. Ich war auch stolz, dass weibliche Gäste zur Golden-Globe-Zeremonie demonstrativ ohne behängten Hals erschienen sind. Wir haben dem Oscar-Komitee auch nahe gelegt, die Damen nur von Juwelenmarken sponsern zu lassen, die die Unbedenklichkeit ihrer Ware belegen können. Aber das schaffen die Zeremonienmeister leider nicht.

Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?0
DiCAPRIO: Unter anderem an Ort und Stelle, mit ehemaligen Söldnern und Soldaten. Nun sind wir Amerikaner gewöhnt, frank und frei über unsere Gefühle zu reden, aber das sind keine Weicheier, sondern beinharte Burschen, Alpha-Tiere. Wenn du aus denen etwas herausholen willst, musst du mit ihnen in eine Bar gehen und ordentlich saufen. Das habe ich gemacht und viel davon profitiert. Man müsste sogar fürchten, dass einem von ihnen das, was du spielst, nicht passt, und dass er dich dafür prügelt. Deshalb fand ich es gut, dass all ihre Namen im Nachspann angeführt sind. Damit tragen sie selbst Verantwortung.

Ein Filmtitel - "Titanic" - und zwei Namen sind Marksteine Ihrer Karriere: Robert De Niro und Martin Scorsese. Gibt es einen Leonardo DiCaprio vor und einen nach "Titanic"?
DiCAPRIO: Ich distanziere mich nicht von dem, was Sie meine "flotten Zeiten" nennen würden, aber ich bin heute sicher ein anderer, wesentlich ernsthafterer Mensch. . .

. . .der sich seit dem Dreh zu "Blood Diamond" um ein afrikanisches Mädchen kümmert, das seine Eltern durch Aids verloren hat, der einen Umweltfilm produziert und kommentiert hat?
DiCAPRIO: Das möchte ich nicht an die große Glocke hängen. Ich werde allerdings zornig, wenn jemand behauptet, dass ich so was nur aus Publicity-Zwecken mache. Ich engagiere mich bereits seit acht Jahren für alle möglichen Dinge.

Ja, und wie steht es mit Scorsese, De Niro?
DiCAPRIO: Mit Scorsese drehte ich Wunschfilme. Und dann hatte ich die Ehre, neben De Niro in "This Boy's Life" mitwirken zu dürfen, kam als junger Spund hin und dachte, eh schon alles zu wissen. Ich schaute mir an, was De Niro so trieb und wunderte mich, wieviel Wert er auf scheinbare Kleinigkeiten legte. Als ich aber das Resultat sah, wusste ich es ganz genau. Seither ist er ein großes Vorbild. Nebenbei: Michael Caton-Jones, der Regisseur von "This Boy's Life", hat mir einen ganz entscheidenden Satz gesagt.

Nämlich?
DiCAPRIO: Er sagte: "Schmerzen vergehen, Filme nicht!" Und mein besonderer Ehrgeiz ist es, Filme zu drehen, die später einmal als "Klassiker" gelten.