"Hast du gebeichtet?" beschloss in großen Lettern die zwei Madonna-Konzerte in der Prager Sazka Arena vor insgesamt 40.000 Fans, davon etwa ein Zehntel aus Österreich. Konzerte? Vielmehr hatte man den Eindruck, inmitten eines lebendig gewordenen Musikkanals à la MTV zu stehen.

Reizüberflutung. Mehr Tänzer und Akrobaten als Musiker, die wie Statisten im Ingenieurs-Outfit meist am Rand agieren. Eine Reizüberflutung an Bildern, für Improvisation ist auf der Bühne ist kein Platz. Eine meist klinisch kalte Show, bei der immerhin die Fitness und Rückenmuskulatur der 48-Jährigen für Bewunderung sorgen. Tenor der Damenwelt in den aus Österreich angereisten Fan-Bussen: "Ich fange morgen auch mit Pilates (Körpertraining, Anm.) an."

Dornenkrone. Gebeichtet hat wohl niemand. Da kann sich Madonna für alle Armen und Aids-Kranken dieser Welt eine Dornenkrone auf ihre blonden Locken setzen, ihre Tänzer mit aufgemalten jüdischen und muslimischen Symbolen verbrüdern und "Live To Tell" vom Kruzifix herunter singen: Die Weltmutter des Pop, die sich seit 24 Jahren immer wieder neu erfindet, bleibt eine Ich-Aktie, die sich bedient und Bedeutung vorgaukelt, aber live nicht berührt. Für ein Pop-Konzert war die Stimmung in der Arena auch weitgehend verhalten.

Hohle Phrasendrescherei. Skandierte ein John Lennon gemeinsam mit seinem Publikum Parolen wie "Wir wollen Frieden! und "Wir wollen keinen Krieg!", war sein Anliegen auch über jede Leinwand spürbar und greifbar, bei Madonna verkommt es zur hohlen Phrasendrescherei. "Fuck George Bush, er ist eine Hure", schießt sie den Parolen nach.

Gymnastik. Die zweifache Mutter turnt wie eine Spitzensportlerin auf einem Rodeosattel, jagt ihre Tänzer über Gitterstäbe und schaut auch im geschmacklosen Gymnastikanzug wie Madonna aus. In einer Dorf-Disco würde so ein Outfit belächelt werden. Wie viel Unterstützung Madonna beim Singen vom Playback-Band bekommt, wird ihr Geheimnis bleiben. Lässt sie intime Momente ohne Schnickschnack zu (wie bei "Drowned World"), offenbart sich jedoch eine wunderbare Interpretin. Unterm Strich schaute man der bis dato teuersten Turnstunde zu.