Mit dem hinter ihm affichierten Slogan "Nikolaus im Glück" kann er sich zwar nicht ganz anfreunden, aber dennoch strahlt er Zufriedenheit aus: "Eine ideale Besetzung ist bei so vielen Partien ein Glücksfall." Nikolaus Harnoncourt schwelgt schon in Vorfreude auf das erste seiner beiden großen "styriarte"-Projekte dieses Sommers: Im Grazer Stephaniensaal dirigiert er drei Mal die "Faust-Szenen" von Robert Schumann – u. a. mit Christian Gerhaher als Faust und Alastair Miles als Mephisto. "Man hat eine Kostbarkeit in der Hand", schwärmt er vom Oratorium nach Goethe, das zu den Mauerblümchen des Repertoires gehört. "Man kann daraus kein Spektakel machen", hat er für das Desinteresse vieler Dirigentenkollegen eine schlüssige Erklärung parat.

Prophetische Qualitäten. Bei der "styriarte" hat Harnoncourt schon mit der Oper "Genoveva" und "Das Paradies und die Peri" eine Lanze für den weitgehend unbekannten Schumann gebrochen, dem er in seiner Auswahl und Vertonung von Szenen aus Goethes "Faust" prophetische Qualitäten attestiert. "Nirgends werden psychologische Vorgänge so radikal beleuchtet und befragt wie in den Faust-Szenen". Angesichts dieser "Behandlung des Seelischen kommt Freud um 100 Jahre zu spät".

Schumann sei es nicht darum gegangen, "eine Geschichte zu erzählen, sondern einen großen Spiegel vorzuhalten, in dem man sich selber besser erkennen kann". Für den Hörer sei zwar die Kenntnis von Goethes "Faust" ein Vorteil, aber auch den Unvorbereiteten erwarte "ein Stück größten, intensiven Erlebens".