Wer liegt wirklich im Grab von Leonardo da Vinci? Antworten auf diese und andere Fragen erhoffen italienische Wissenschaftler von Untersuchungen an den sterblichen Überresten, die sie im Jänner in der Schlosskapelle von Amboise an der Loire exhumieren wollen.

Falls sich in dem Grab der Schädel des Renaissance-Genies erhalten hat, wird der Anthropologe Giorgio Gruppioni von der Universität Pisa versuchen, die Gesichtszüge des Malers, Bildhauers, Architekten und Ingenieurs zu rekonstruieren.

Gruppioni rekonstruierte bereits mit Erfolg die Gesichtszüge des florentinischen Dichters Dante Alighieri. Mit Spannung wird erwartet, ob die Züge von Leonardo tatsächlich mit denen der "Mona Lisa" übereinstimmen, in der einige Kunsthistoriker ein Selbstbildnis sehen.

Die Identität der sterblichen Knochen soll zunächst mit Hilfe eines DNA-Tests festgestellt werden. Dabei wird das Erbmaterial aus den Knochen in Amboise mit dem DNA der Knochen eines Sohnes des Renaissance-Genies verglichen, der Ende des 16. Jahrhunderts in Bologna begraben wurde.

Analyse gibt Aufschluss

Aus einer Knochenanalyse lassen sich zudem Schlüsse auf die Ernährung des Toten ziehen. Der Urheber der weltberühmten "Mona Lisa" soll Vegetarier gewesen sein. Was er aß, könnte bis heute Spuren hinterlassen haben.

"Das Schloss von Amboise untersteht nicht der französischen Kulturbehörde, die erforderliche

Genehmigung kann der Besitzer allein unterzeichnen", freut sich Silvano Vinceti. Der Präsident des Nationalen Komitees für Kulturgüter bereitet die "Operation Leonardo" seit drei Jahren vor. In wenigen Wochen werden Konsolidierungsarbeiten an der Kapelle in Amboise abgeschlossen sein, die für die geplante Öffnung des Grabs erforderlich sind.

Der heutige Besitzer der Schlosses habe von Anfang an Interesse für das Forschungsprojekt gezeigt, meint Vinceti. Bei Untersuchungen nach der Exhumierung von Knochen aus der Medici-Zeit in Florenz trug er in Zusammenarbeit mit der Polizei bereits zur Aufklärung von Kriminalfällen um den Tod des Gelehrten Pico della Mirandola und des Literaten Poliziano bei. Für den Erfolg des neuen Projekts setzen die italienischen Anthropologen auf eine Zusammenarbeit mit Kollegen von der Pariser Sorbonne und amerikanischer Universitäten. Auf Einladung des französischen Königs Franz I. verbrachte Leonardo da Vinci bis zu seinem Tod im Jahr 1519 seine letzten beiden Lebensjahre im Schloss von Amboise.

Andere Ansicht

Was die Mona Lisa betrifft, gibt es noch andere Theorien: Die Geschichte des Ölgemäldes muss nach Ansicht eines italienischen Historikers neu geschrieben werden. Es sei ausgeschlossen, dass das Bild die Florentiner Kaufmannsgattin Lisa del Giocondo zeige, sagt der Renaissance-Forscher Roberto Zapperi. Vorbild für das Gemälde sei eine Geliebte von Giuliano de Medici gewesen, der ein Spross der florentinischen Bankiersfamilie war.