"Das würde ein Roman werden", antwortet Eva-Maria Hagen auf die Frage, wie sie die Familie Hagen beschreiben würde: Und auch Mutter und Oma Eva-Maria, die am 19. Oktober ihren 75. Geburtstag feiert, blickt auf eine bewegte Karriere zurück: In der DDR als Filmstar und Musical-Darstellerin gefeiert, lernte sie 1965 den Liedermacher Wolf Biermann kennen und wurde bis zu ihrer Ausbürgerung von der Staatssicherheit überwacht und wegen Staatsverleumdung angeklagt. 1977 folgte sie dem Ex-Lebensgefährten nach Hamburg, wo sie heute noch lebt.

"Normale Familie"

"Manchmal sind wir eine ganz normale Familie", meint die zierliche Frau mit den weichen Gesichtszügen. Neulich hat sie, die neben der Schauspielerei noch singt und malt, in der von Cosma eröffneten "sichtbar" in Hamburg einige ihrer Ölgemälde gezeigt. Und mit Marie Biermann, der Tochter von Wolf Biermann, und dem Pianisten Siegfried Gerlich einen umjubelten Liederabend veranstaltet, bei dem auch die 28-jährige Cosma beim "Alabama-Song" mitgesungen hat. "Mir liegt sehr am Herzen, diesen umfangreichen Liederschatz, den ich mir während meiner Laufbahn einverleibt habe, jetzt der jungen Generation ans Herz zu legen", sagt Hagen. Am 8. November steht der nächste Liederabend mit Marie Biermann in Hamburg auf dem Programm.

Aufgewachsen in Perleberg (Mecklenburg), zog es Eva-Maria Hagen bald in die Großstadt und ans Theater - bereits 1953 debütierte sie am Berliner Ensemble unter der Regie von Bertolt Brecht. Ein Jahr zuvor hatte sie die Maschinenschlosserlehre abgebrochen und ein Schauspielstudium begonnen. Vor allem die DEFA-Filmkomödie "Vergesst mir meine Traudel nicht" machte die Künstlerin populär, die inzwischen Mutter von Tochter Nina aus der Ehe mit Schriftsteller Hans Oliva-Hagen geworden war. Bis 1965 wirkte Eva-Maria Hagen in rund 50 TV- und Kinofilmen mit. Doch die Begegnung mit Liedermacher Wolf Biermann in jenem Jahr veränderte ihr Leben, privat wie beruflich. Als sie 1976 gegen Biermanns Ausbürgerung öffentlich protestierte, entließ man sie fristlos und belegte sie mit Berufsverbot.

Ihr Buch "Eva und der Wolf", das 1998 im Econ-Verlag erschien, gewährt tiefe Einblicke in die Zeit mit Biermann. Heute beschreibt sie ihr Verhältnis als "locker". "Wenn wir uns auch selten sehen, ist er mir im Herzen nie abhanden gekommen. Außerdem singe ich oft seine Lieder, ohne die mein Leben ärmer und düsterer gewesen wäre", sagt Hagen. Auch sonst ist die umtriebige Großmutter viel beschäftigt. Nächstes Jahr kommt die Filmkomödie "Dinosaurier" von Regisseur Leander Haußmann ("Sonnenallee", "NVA") in die Kinos. In der Komödie spielt sie eine pensionierte Lehrerin, die von ihrer Bank um ihr Haus gebracht wird und im Altersheim landet. "Eine enorme Herausforderung war das: Aufbrausen der Gefühle, Absacken des Bluthochdrucks, Euphorie, Selbstzweifel", meint die Schauspielerin.

Geburtstag gefeiert wird zunächst in Hamburg, "mit rotem Wein und ein paar Leckerbissen". Auf alle Fälle soll gesungen werden. "Und auf dem Flügel spielt Siegfried Gerlich Chopin und Marie was schön Freches und herzzerreißend Trauriges. Cosma vielleicht 'Summertime'. Falls Nina nicht auf Tournee ist, wünsche ich mir, dass sie 'Ave Maria' für mich singt", meint die Künstlerin, die über sich selbst sagt: "Wenn Not am Manne ist, kommt die Großmutter wie zufällig im Altweibersommer-Look vorbei geritten, geflogen, barfuß oder in Gummistiefeln und schaut nach der Leckstelle im Boot."