APA: Wie kam Ihre Zusammenarbeit mit Lang Lang zustande?
Bartoli: Ich habe Lang Lang gehört und war von ihm als Musiker fasziniert. Als Pianist, der mit seinem Klavier singen kann. Ich dachte, es wäre wunderbar, einen musikalischen Moment mit ihm zu teilen. Wir hatten im Juni unser erstes gemeinsames Konzert in Rom, jetzt in Wien war das zweite.

APA: Wollen Sie diese gemeinsamen Auftritte fortführen? Vielleicht auch im Rahmen einer CD-Aufnahme?Bartoli: Wir wollen auf jeden Fall mehr machen. Ob es eine CD wird, weiß ich noch nicht. Lang Lang ist jemand, der auf seinem unglaublichen Level nicht nur als Solist, sondern auch als Begleiter begeistert.

APA: Gestern Abend waren Sie erkältet. Bis zu welchem Punkt kann es eine Künstlerin verantworten, trotzdem aufzutreten?
Bartoli: Wenn es in eine Bronchitis geht, muss man absagen. Ich hatte es gestern nur Schnupfen. Wenn man hustet, muss man aufhören zu singen. Der Körper sagt dir dann schon, was du tun musst.

APA: Wie sehen Sie dahingehende Extremfälle wie etwa bei Ihrem Kollege Rolando Villazon?
Bartoli: Das ist sehr traurig. Er ist ein wunderbarer Musiker mit einer wunderschönen Stimme. Wenn so etwas so einer netten Person passiert, tut mir das Leid. Ich hoffe dass er sich bald erholt.

APA: Mit Qual setzen Sie sich auch auf Ihrer neuen CD "Sacrificium" auseinander, auf der Sie sich der Zeit der Kastraten widmen. Was hat Sie an der Ära dieser Musik fasziniert?
Bartoli: Diese Musik ist einfach faszinierend, sie ist das, was bleibt. Ihre hohe Qualität. Es war auch interessant, etwas über diese Schule zu lernen. Wir kommen immer von irgendwoher. Es war eine faszinierende Reise in die musikalische Welt von Farinelli und Caffarelli. Zugleich ist es eine furchtbare Geschichte. Mehr als 4.000 Buben pro Jahr wurden damals kastriert, und das über 150 Jahre hinweg. Daher auch der Titel "Sacrificium" - Aufopferung. Viele der Buben wurden umsonst kastriert. Um einen wie Farinelli zu bekommen, hat man 4.000 Buben kastriert. Bei diesem Projekt lagen Schönheit und Grausamkeit nah aneinander.

APA: Die Grausamkeit im Dienste der Schönheit kennen wir auch aus der heutigen Musikwelt. Welche Opfer müssen die Gesangsstars von heute bringen?
Bartoli: Das kann man gar nicht vergleichen. Das damals war reine Gewalt. Die Familien haben es wegen ihrer Armut akzeptiert. Heutzutage ist Disziplin das Opfer, das man bringen muss, um das Instrument gesund zu erhalten. Und man muss sich überlegen, was gut für die Stimme ist. Und was man machen darf und was nicht. Das muss man für eine lange Karriere lernen.

APA: Viele junge Musiker werden in den letzten Jahren wie Models präsentiert...
Bartoli: Das ist Teil der Mode. Das ist das eigentliche heutige Opfer. Michael Jackson hat seinen Körper manipuliert. Nach 300 Jahren machen wir immer noch diese verrückte "plastische Chirurgie". Es kann ja auch nicht sein, dass ein 16-jähriges Mädchen 180 Zentimeter groß ist und 45 Kilo hat. Da ist klar, dass etwas falsch ist. Aber wir akzeptieren es, weil es die Mode diktiert. Heute ist es doch so: Sogar, wenn du eine Waschmaschine verkaufst, brauchst du eine schöne Frau. Das ist absurd, aber so ist es.