Der französische Meisterregisseur Claude Chabrol ist tot. Der legendäre Filmschaffende und Mitbegründer der "Nouvelle Vague" starb am Sonntag im Alter von 80 Jahren, wie die Stadt Paris mitteilte. Der für seine gnadenlosen Analysen des Bürgertums berühmte Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent hatte das internationale Kino seit den 50er Jahren mit Werken wie "Schrei, wenn du kannst" oder "Der Schlachter" geprägt.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy würdigte den mit zahllosen Preisen und Ehrungen ausgezeichneten Regisseur am Sonntag als einen "großen Autor" und "großen Filmschaffenden". Bei einem Besuch im südfranzösischen Lascaux sagte der Staatschef: "Ich bin sicher, er wird allen sehr fehlen." Der Schauspieler Gerard Depardieu, der in Chabrols letztem Film "Kommissar Bellamy" aus dem Jahr 2009 spielte, zeigte sich im Gespräch mit dem Sender RTL erschüttert: "Er hatte alles, er hatte die Geschichte des Kinos, die Leidenschaft, er hatte auch die Kindheit, das Lachen und die Freude."

Vorbild Hitchcock

Chabrol, der durch seinen schwarzen Humor und seine schonungslose Offenlegung bürgerlicher Brutalität berühmt wurde, drehte in seinem Leben mehr als 60 Filme - fast jedes Jahr ein Werk. Schon in den 50er Jahren wandte sich der am 24. Juni 1930 in Paris geborene Apothekersohn dem Film zu. Er schrieb für das Magazin "Cahiers du Cinema", widmete seinem Vorbild Alfred Hitchcock ein Buch und konnte nach einer üppigen Erbschaft seiner damaligen Frau dann selbst Filme drehen und produzieren.

Bereits seine ersten Filme brachten ihm Ruhm und Auszeichnungen ein, so erhielt er 1959 in Berlin den Goldenen Bären für sein Werk "Schrei, wenn du kannst" ("Les Cousins"). Durch seine sarkastischen, psychologisierenden und oft auch brutalen Analysen der Realität hinter den bürgerlichen Fassaden prägte er zusammen mit Kollegen wie Francois Truffaut und Jean-Luc Godard eine ganze Generation und begründete den "Nouvelle-Vague"-Stil mit.

In seiner langen Karriere als Filmemacher schuf Chabrol herausragende Werke wie "Der Schlachter" ("Le boucher", 1970), "Blutige Hochzeit" ("Les noces rouges", 1973), "Violette Noziere" (1977) oder "Biester" ("La ceremonie", 1995). In "Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen" ("Les innocents aux mains sales", 1975) spielte Romy Schneider eine der Hauptrollen. Anfang der 80er Jahre brachte er den Chansonnier Charles Aznavour in "Die Fantome des Hutmachers" ("Les fantomes du chapelier", 1982) auf die Leinwand.

Bis ins hohe Alter drehte der Workaholic weiter Filme, in den 80er Jahren für das Fernsehen auch die "Inspektor Lavardin"-Serien. Mit "Geheime Staatsaffären ("L'ivresse du pouvoir") schuf er 2006 einen Wirtschaftskrimi in Anlehnung an die Korruptionsaffäre beim Erdölkonzern Elf-Aquitaine. Für sein Lebenswerk wurde der Vater von vier Kindern, der dreimal verheiratet war, bei der Berlinale 2009 geehrt. Der Pfeifenraucher, der auch für seine Selbstironie bekannt war, sagte AFP im vergangenen Jahr über seine Filme: "Manche waren erfolgreich, andere nicht, aber ich will nicht sagen, welche ich bereue, gedreht zu haben, weil viele Leute sie doch ganz gerne mögen."