Um das Tagebuch des NS-Widerstandskämpfers Thomas Olip ranken sich Gerüchte und Legenden. Nur in einem waren sich die Zeithistoriker bisher einig: dass Olips Aufzeichnungen ihm selbst und zwölf seiner Mitstreiter das Leben kostete. Bei einer Razzia der Gestapo wurde das 31-seitige Tagebuch, das verklausuliert auch zahlreiche Namen enthielt, in einem Bunker bei Zell Pfarre entdeckt und zur Grundlage eines Gerichtsprozesses gemacht. "Blutrichter" Roland Freisler reiste persönlich nach Klagenfurt, um die Angeklagten am hiesigen Landesgericht zum Tode zu verurteilen. Die Enthauptung der Unglücklichen erfolgte bald darauf am 29. April 1943 in Wien.

Derserteure

"Fast alle Verurteilten waren desertierte Wehrmachtssoldaten, die sich ab dem Frühjahr 1941 in den Südkärntner Wäldern versteckten", erzählt Wilhelm Baum, der das wertvolle Dokument im deutschen Bundesarchiv in Berlin "ausgegraben" hatte.

Bei dem längst überfälligen Fund handelt es sich um die deutsche Abschrift des verschollenen Originals, in dem der Kärntner Slowene Thomas Olip vom 1. Juni 1942 bis zum Tag seiner Festnahme (1.12.) sein Leben im Untergrund dokumentierte. "Ich fühlte mich wie ein im Käfig eingesperrter Vogel, der sich nicht zu rühren vermag", schreibt er etwa einmal über seine Bunkerexistenz, die im Alter von 25 Jahren jäh enden sollte.

Karriere bei Radio Ljubljana

Zuvor war das uneheliche Arbeiterkind als Holzfäller tätig und ab 1937 Freiwilliger im österreichischen Bundesheer. Nach dem "Anschluss" wurde Olip ins Gebirgsjägerregiment 139 nach Klagenfurt eingezogen. 1939 desertierte er nach Jugoslawien. Bevor er als Widerstandskämpfer heimkehrte, gelang dem ausgezeichneten Sänger gemeinsam mit anderen Deserteuren, darunter der spätere Partisanenführer Johann Schupanz (upanc) und "Bunkerkollege" Jakob Orasche (Orae), eine Karriere bei Radio Ljubljana: als "Sekstet Javornik".

Laut Wilhelm Baum soll die Veröffentlichung des schicksalsträchtigen Tagebuchs, das zu mehr als 200 Verhaftungen und 13 Todesurteilen führte, noch diesen Herbst erfolgen. "Das Buch wird Einblick geben in das Leben der Widerstandskämpfer, deren Leistungen für die Freiheit Österreichs bis heute kaum gewürdigt wurden", so der Historiker.