Ein Bild der Verwüstung bot sich Cannes-Besuchern noch vor einer Woche. Die Bagger waren nach dem Sturm im Großeinsatz. Emsig wurde daran gearbeitet, dass die Croisette für die heutige Eröffnung des wichtigsten Filmfestivals der Welt wieder ein Hochglanzmotiv abgibt.

Der rote Teppich von Cannes bringe nämlich drei Mal so viel mediale Abdeckung wie eine Premiere in Berlin oder Venedig, verriet einmal ein Hollywood-Boss. Cannes ist stets ein Spagat zwischen Kunstkino und monetären Interessen, zwischen Hollywood und kompromisslosen Regisseuren. In den Hotelsuiten - die teuerste, das Penthouse im "Majestic", kommt auf 36.000 Euro pro Tag - werden während der zwölf Tage ja auch Finanzierungsdeals für Filmproduktionen geschlossen.

Der heurige Wettbewerb liegt im Spannungsfeld zwischen Veteranen wie Mike Leigh, der 1996 für "Lügen und Geheimnisse" die Goldene Palme bekam, oder Doug Liman (größter Kinohit bisher: "Die Bourne-Identität") und neuen Talenten. So will zum Beispiel Frankreichs Mathieu Amalric, der als Bond-Bösewicht weltbekannt wurde, als Regisseur überzeugen. Ein beachtlicher Teil der 19 Produktionen kommt diesmal aus nicht-europäischen Ländern, längst hat sich Asien ins Weltkino gedrängt, etwa mit dem Südkoreaner Im Sang-soo vertreten.

Cannes kann Autorenfilmern zu internationalem Ruhm verhelfen. Michael Haneke wurde hier von den Kritikern entdeckt. Er ist seit der ersten Einladung 1989 mit "Der siebente Kontinent" (damals noch in der Nebenreihe "Quinzaine des Réalisateurs") Stammgast beim Festival.

Österreich fehlt

Dass heuer Österreich im Wettbewerb fehlt, darf nicht verwundern - bei einer durchschnittlichen Produktion von 20 Kinofilmen pro Jahr. Zum Vergleich: In Frankreich entstehen jährlich mehr als 200. Prestigeträchtige Haneke-Kollegen wie Ulrich Seidl oder Michael Glawogger haben auch keinen Streifen fertig, den sie hätten einreichen können. Im ungarischen Wettbewerbsbeitrag "Tender Son - The Frankenstein Project" stecken knapp 100.000 Euro aus österreichischem Fördergeld.

Nicht dem Wettbewerb stellen wollen sich Woody Allen und Oliver Stone, aber dennoch nicht auf Präsenz von rund 4000 Journalisten und Fotografen verzichten. Beide feiern die Weltpremieren ihrer neuen Werke außer Konkurrenz. Ersterer mit der Tragikomödie "Tall Dark Stranger", zweiter mit der Fortsetzung des Kinohits "Wall Street" aus 1987 - natürlich wieder mit Michael Douglas als Börsenhai.