Entschuldigungen stehen hoch im Kurs in Großbritannien. Nach dem demütigten Rupert Murdoch war die Reihe an Premier David Cameron. Er stand im Unterhaus Rede und Antwort zur Abhöraffäre. Ziel war laut Camerons Strategen, die Affäre in die richtige Perspektive zu rücken und zu eigentlichen Regierungsfragen zurückzulenken: Wirtschaftswachstum, Defizit, Reformen, drohende Streiks.

Dreistündige Befragung

Aber dann musste sich Cameron in der dreistündigen Sitzung dutzendfach die gleiche Frage stellen lassen: Was hat er mit der ehemaligen News-International-Chefin Rebekah Brooks in der Frage der versuchten Übernahme des Bezahlsenders BSkyB besprochen? Ein Labourabgeordneter forderte eine offizielle Untersuchung, ob Cameron mit seien Begegnungen mit Brooks gegen den Verhaltenskodex für Regierungsmitglieder verstoßen hat - zumal er sie bei seiner Geburtstagsparty als "beste Freundin" bezeichnet hatte.

Zweimal versuchte Cameron, mit Entschuldigungen die Stimmung zu besänftigen. "Natürlich bedauere ich die Furore, es tut mir extrem leid", sagte er. Mit "Furore" meinte er die vehementen Forderungen von Labourchef Ed Miliband, sich dafür zu entschuldigen, dass er Andy Coulson, den Ex-Chefredakteur der mittlerweile wegen des Skandals eingestellten Zeitung "News of the World", zu seinem Kommunikationschef ernannt hatte.

"Ein katastrophaler Irrtum", so Miliband. Hätte er gewusst, was er heute wisse, hätte er Coulson nicht eingestellt, gab Cameron zu. "Sollte sich herausstellen, dass er mich belogen hat" - so Cameron über Coulsons Beteuerungen, er habe nichts mit den Affären zu tun gehabt - "wird das der Moment für eine tiefe Entschuldigung sein." Cameron sei blind gewesen, behauptet Labour. Alle hätten vor Coulson gewarnt - sogar die Queen, deutete ein Labourpolitiker an. Der Palast dementierte energisch.

Die schwerste Prüfung für Cameron kam am Abend hinter verschlossenen Türen, als er zu Hinterbänklern seiner Partei sprach. Denn mindestens so gefährlich wie die Angriffe der Opposition ist die schwache Unterstützung in den eigenen Reihen vor allem bei der Tory-Rechten. Typisch war Londons Bürgermeister Boris Johnson - der als Camerons gefährlichster Rivale gilt. Gefragt, ob Cameron wegen Coulson nicht zurücktreten müsse, zuckte der mit den Schultern und sagte: "Da müssen sie die Downing Street fragen."

Die Hinterbänkler sind unglücklich über Camerons Serie von Denkpausen und Kehrtwenden. Denn nach einer neuen Umfrage war die Zufriedenheit mit Cameron und seiner Regierung seit seiner Wahl zum Premier noch nie so niedrig. Und Labourchef Ed Miliband hat zum ersten Mal eine höhere Zustimmungsquote als Cameron.