Die Schließung der britischen Zeitung "News of the World" scheint der angeschlagenen Mediengruppe von Rupert Murdoch nicht die erhoffte Erleichterung verschafft zu haben. Es gab weiter schlechte Nachrichten für Murdochs Versuch, die geplante Übernahme des Bezahlsenders BSkyB von dem Skandal um die Hackerattacken und Bestechungszahlungen der Boulevardzeitung zu isolieren.

Die Medienaufsicht Ofcom kündigte an, sie werde sich infolge der neuen Enthüllungen erneut mit dem Übernahmeantrag Murdochs befassen und dabei auch die charakterliche Eignung der Murdochs überprüfen. Entscheidend ist, dass Ofcom dabei den Ausgang der polizeilichen Ermittlungen abwarten will, die nun erst mit voller Kraft losgehen und auch Fragen der Bestechung einschließen.

Fachleute glauben, dass die Ermittlungen Jahre dauern könnten. Mindestens so lange wären Murdochs Expansionspläne blockiert. "Ich glaube nicht, dass Murdoch BSkyB noch übernehmen kann", sagte der Medienunternehmer und frühere BBC-Chef Greg Dyke.

Über die journalistischen Methoden der eingestellten Sonntagszeitung NOTW sickerten unterdessen weitere Einzelheiten durch. Der früherer Chefredakteur Andy Coulson folgte einer Vorladung und stellte sich der Polizei zum Verhör. Sein Privathaus wurde durchsucht. Auch der frühere Hofkorrespondent Clive Goodman wurde erneut verhaftet. Ihm wird jetzt Bestechung von Polizisten vorgeworfen. Mit Schmiergeldzahlungen soll er sich Informationen zu Polizeicomputern verschafft haben. Wegen Hackerangriffen auf Prominenten-Handys verbüßte er bereits eine viermonatige Gefängnisstrafe. Polizeiermittler behaupteten bei der ersten Ermittlung 2007, Goodman hätte mit einem Privatdetektiv auf eigene Faust gehandelt. Inzwischen wird den Ermittlern Vertuschung vorgeworfen.

Neuen Ermittlungen zufolge soll NOTW mindestens 4000 Personen belauscht und über 100.000 Pfund Schmiergeld an Polizisten gezahlt haben. Manager der NOTW sollen Millionen von E-Mails in den Computersystemen gelöscht haben, um Spuren zu verwischen.

Premier unter Druck

Politiker gingen angesichts des Skandals in die Offensive. In einer eilends einberufenen Pressekonferenz distanzierte sich Premier David Cameron von Coulson und ordnete eine richterliche Untersuchung des Skandals und der britischen Presseethik an. Die Polizei dürfe bei den Ermittlungen auf nichts und niemand Rücksicht nehmen, mahnte er. Zuvor hatte Oppositionschef Ed Miliband die Blockierung der Übernahme und die Einschaltung des Kartellamts gefordert.

Den Premier forderte Miliband auf, sich wegen seiner Nähe zu Coulson zu entschuldigen und zu erklären, warum er den Journalisten trotz Warnungen vor seiner wahrscheinlichen Verwicklung in die Affäre als Strategieberater und Kommunikationschef der Downing Street einstellte.

Ebenfalls in Bedrängnis ist die Murdoch-Mitarbeiterin Rebekah Brooks, Coulsons Vorgängerin in dem Redakteursposten und jetzige Chefin der Murdoch Holding News International Ltd. Sie ist eine Freundin der Familie Cameron. Coulson und Brooks gelten als entscheidende Vermittler für den politischen Schwenk der Murdoch-Medien, die sich 2009 gegen Labour und für die Konservativen aussprachen.

Porträt Seite 9