Der französische Verleger Bernard Comment hat die Dokumente durchgesehen, die jahrelang auf dem Dachboden von Anna Strasberg lagerten - und ein Buch daraus gemacht. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa spricht er über das - wie er sagt - bisher wichtigste Projekt seines Lebens.

Monsieur Comment, Sie sind einer der beiden Herausgeber dieses neuen Monroe-Buches. Wie haben Sie von diesem bislang unbekannten Nachlass erfahren?

Bernard Comment: "Es war ein absoluter Zufall. Bei einem ziemlich exklusiven Dinner für Kunstsammler in den USA kam ein Mann auf mich zu, der sagte, er sei ein alter Freund der Strasberg-Familie. Und die habe alte Schriftstücke von Marilyn gefunden. Ob ich als Verleger Interesse habe, sie anzusehen, hat er gefragt. Natürlich wollte ich das. Es war Stanley Buchthal, mit dem ich das Buch jetzt zusammen herausgebracht habe. Irgendwann rief er mich an und fragte, ob ich in drei Tagen in New York sein könnte. Im Jänner 2009 war ich dann zum ersten Mal bei Anna Strasberg zu Hause und habe mir die Dokumente angesehen."

Und wie lautete Ihr Urteil?

Comment: "Dass sie sehr interessant sind, natürlich. Ich habe aber auch gesagt, dass ich ein Literatur-Verleger bin und ein schönes, kleines Buch daraus machen könnte - aber nicht viel Geld habe. Und Anna sagte mir, dass sie viele Jahre auf jemanden gewartet hat, der so spricht. Wir haben nie über Geld geredet."

Aber Sie haben schon ein bisschen an Geld gedacht, oder?

Comment: "Ja natürlich. Alles, was mit Marilyn zu tun hat, ist Gold wert. Wahrscheinlich wird das Buch ein Erfolg - auch kommerziell. Aber darum ging es nie in erster Linie. Anna wusste genau, dass sie einen Schatz in ihren Händen hielt. Darum wollte sie unbedingt ein schönes Buch machen - und hat bei allen Entscheidungen mitdiskutiert. Wir haben zum Beispiel lange darüber gesprochen, ob wir Fotos in dem Buch haben wollen. Es sollte keins der üblichen Bücher über sie werden, es sollte ein Buch von ihr sein. Darum haben wir uns für viele Bilder entschieden, auf denen Marilyn liest."

Wo sind denn die Dokumente, die in dem Buch zu lesen sind, jetzt?

Comment: "Immer noch in New York und immer noch bei Anna. Ich denke, dass sie sie irgendwann der Congress Library in Washington übergeben wird."

Wussten Sie viel über Marilyn, bevor Sie das Buch gemacht haben?

Comment: "Ich habe sie natürlich bewundert. Aber wirklich viel wusste ich nicht. Jetzt habe ich alles über sie gelesen. Sie war intelligent und wahrscheinlich auch melancholisch. Das wusste ich. Aber ein Experte war ich nicht - jetzt allerdings schon."

Glauben Sie, dass das Buch den Blick auf Marilyn Monroe verändern wird?

Comment: "Ja. Ich denke, dass viele Leute in ihr immer noch eine dumme Blondine sehen - sexy aber dämlich. Und ich denke, dass diese Menschen entdecken werden, dass sie eine Poetin war und ziemlich clever - aber auf eine wunderschöne Art, absolut ohne zynisch zu sein. Ich hoffe, dass die Menschen, die das Buch lesen, emotional ebenso berührt werden wie ich, als ich daran gearbeitet habe."

Dieser fehlende Zynismus ist wahrscheinlich ein Grund, warum so viele sie für naiv hielten und halten ...

Comment: "Sie war sehr ernsthaft - naiv würde ich nicht sagen. Sie glaubte an die Wahrheit."

Hatten Sie jemals Angst, die Dokumente könnten gefälscht sein?

Comment: "Nein, nie. Hätte es darin Enthüllungen über ihre Beziehung zu John F. Kennedy gegeben, dann wäre ich vielleicht misstrauisch geworden. Aber in den Notizen findet sich nichts Spektakuläres oder Explosives. Warum sollte jemand sich die Zeit nehmen, diese Notizen zu fälschen?"

Sie haben wahrscheinlich von dem Skandal um die gefälschten Hitler- Tagebücher gehört - war es schwierig, in Deutschland einen Verlag zu finden?

Comment: "Ich bin darauf angesprochen worden und habe nur gelacht. Es ist sonnenklar, dass diese Papiere von Marilyn echt sind."