Beim ersten Semifinale am Dienstag musste Conchita Wurst zwar nicht mitzittern, aber sie hatte keinen freien Abend. So war die 25-Jährige live zu Gast bei der britischen BBC und leistete dann Andi Knoll in der Kommentatorenkabine Gesellschaft, um Rede und Antwort zu stehen. Tagsüber wurde am donnerstägigen Auftritt gefeilt. Der ORF hatte Vocalcoach Monika Ballwein einfliegen lassen, die Tom Neuwirth schon in seiner Starmania-Zeit betreut hatte. "Wir arbeiten einfach noch einmal an den Schlüsselstellen von 'Rise Like A Phoenix', damit sie exakt sitzen. Auch eine Céline Dion überlässt ja nichts dem Zufall", schmunzelt Ballwein, die von einem "schweren Lied mit großen, langen Tönen" spricht. "Es geht darum, die Phrasen gut zu timen, damit die Dynamik stimmt", erklärt sie, die Tom schon 2007 technische Tricks beigebracht hat, die sich stimmschonend auswirken.

Nach einem fünfstündigen Interview-Marathon muss der Steirer nämlich zugeben, "dass ich merke, dass ich auf die Stimme aufpassen muss". Wobei: "Ich erlebe hier meinen Traum. So stelle ich mir mein Leben vor - Interviews ohne Ende, roter Teppich, große Bühne!" Daher muss ab nächster Woche "irgendwer für mich 365 Tage im Jahr die Eurovisionszeit nachspielen, sonst werde ich sauer", sagt Conchita mit einem Augenzwinkern, die am Dienstag die Titelseite einer irischen Tageszeitung schmückte: "Das Interesse ist verrückt, und ich bin dankbar." Als Begleitung hat Neuwirth drei Freundinnen dabei: "Eine für die Haare, eine für das Make-up, eine für die Seele!"

Keine Zeit für Poier-Attacken

Dass Alf Poier dieser Tage gegen sie wütet ("Verschwulte Zumpferl-Romantik eines künstlich hochgezüchteten Monsters"), obwohl sie denselben Manager haben, perlt an ihr ab: "Es tut mir leid, Alf, ich habe jetzt echt keine Zeit, darüber zu diskutieren. Derzeit passiert so viel Tolles um mich herum. Jeder kann seine Meinung haben, aber ich nehme seine momentan ungefähr so wahr wie den Satz 'Dürfen wir schnell ein Foto machen?'"

"Es gibt derzeit wohl keine andere europäische Agentur, deren Künstler auch intern so polarisieren", sagt Manager Berto, der Poiers Aussagen auf Nachfrage jedoch "respektlos, beleidigend und intolerant" findet. Und es stecke keinesfalls eine Strategie seiner Agentur dahinter, um für zusätzliche Schlagzeilen zu sorgen. Womöglich habe Poier, der die Wurst eher zum Psychotherapeuten als zum Song Contest schicken würde, in den letzten Monaten zu wenig Aufmerksamkeit erfahren. Bei einer Journalistenumfrage im Pressezentrum liegt Conchita derzeit jedenfalls auf Platz sechs – das wäre der gleiche Rang, den Alf Poier 2003 erreicht hat.