Wie behauptete doch gleich der berühmte Sänger Udovico Jurgensález aus San Klagenfurto? "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an!" So gesehen, wird Reynaldo Creagh im Juni auch schon wieder 30 Jahre alt.

Goldener Anzug, goldene Schuhe, goldene Ringe, goldenes Lächeln. Der Kubaner greift zum Mikrophon. Seine Hände zittern ein wenig. Nicht aber seine Stimme. Und dann seufzt er von den "Dos Gardenias", jenen zwei Gardenien, die die Wärme eines Kusses haben und doch welken vor der Kälte der Angebeteten. Weltschmerz-Bolero. "Rey" lässt seine Hüften leise kreisen, dann zappeln, schickt Küsse in den Applaussturm "für alle schöne Frauen dieser Welt" und lässt über Toby Gough ausrichten: "It feels like I'm only just beginning".

Der schottische Regisseur, der in seiner Show "The Bar at Buena Vista" auch als Conférencier fungiert, weiß: "Mick Jagger hat noch einen weiten Weg vor sich, um so gut zu werden wie Reynaldo". Creagh sitzt da mit schwarzer Sonnenbrille schon wieder im Schaukelstuhl auf der Bühne, zwischen Ring- und Zeigefinger die Zigarre - Staatsbürgerschaftsnachweis aller Kubaner.

Lebensstil

Pause im Prinzregententheater in München. Ich drücke Reynaldo Creagh respektvoll die Hand. Wildleder, dunkel geprägt vom Leben. "In Kuba wirst du mit Musik geboren", sagt er mir, "wir sind auch keine Künstler, das ist nicht unser Beruf, das ist unser Lebensstil. twentyfour-seven". Sänger Tag und Nacht, für immer.

Von Hacklerregelung für den 95-Jährigen also keine Spur, obwohl er schon als Kind für Plantagenbesitzer sang. 1938 gab er sein Bühnendebüt. Als Havanna in den 50ern zum Las Vegas der Karibik wurde, wo Frank Sinatra kein stranger in the night war und Hemingway Mojitos vernichtete, schufen die Einheimischen ihr Paralleluniversum in Bars und Social Clubs - eine Munterwelt voll Rauch und Rum und Rumba.

Creagh war dort einer der beliebtesten Orpheuse. Bis Fidel Castro 1959 aus Kuba eine strenge kommunistische Kammer machte und man vom Singen nicht mehr leben konnte. Also musste Reynaldo Creagh auf eine andere Schiene setzen: Jahrzehntelang war er Schaffner auf der Strecke zwischen Havanna und seinem Heimatort Santiago de Cuba. Dennoch ließ ihn der Son nie los, dieser von afrikanischen Rhythmen geprägte Urklang der Kubaner, aus dem Rumba, Mambo, Salsa & Co erwuchsen.

Mit seiner Band "Vieja Trova Santiaguerra" war Creagh in den späten 80ern für die Renaissance der kubanischen Musik verantwortlich, die durch den Film "Buena Vista Social Club" des Bluesgitarristen Ry Cooder und des Regisseurs Wim Wenders 1999 ihren Höhepunkt fand. Als "Nachwuchs" der verstorbenen Giganten wie Ibrahim Ferrer oder Compay Segundo begeistern jetzt andere "Grandfathers of Cuban Music" die Welt.

Mit dabei in der hinreißenden "Bar at Buena Vista", die nun auch in Graz und Wien eröffnet: Siomara Valdes, die mit ihrer Vulkanstimme ihren Mann auch aus einer 13 Kilometer entfernten Bar heimrufen kann. Pianist "Rubalcaba" Gonzáles, "der Mann mit den goldenen Händen". Oder der charismatische Eric Turro, als "Caribbean Hurricane" der eleganteste Tänzer von da bis Havanna. Und wie lange will Kubas Nationalschatz Reynaldo Creagh noch mithalten? "Ich möchte erst einmal 100 werden und dann Gott um Verlängerung bitten".

Die Einladung wurde durch die Wiener Eventagentur Allegria ermöglicht.