Herr Minister, eben haben wir in Ihrem Vorzimmer den Burgschauspieler Peter Simonischek getroffen. Er gilt nach der fristlosen Entlassung von Matthias Hartmann ja als einer der Favoriten für die Interimsleitung des Hauses, die am 19. März präsentiert werden soll. Jetzt fragen wir uns natürlich: Ist diese Personalentscheidung schon gefallen?

JOSEF OSTERMAYER: Nein. Es gibt derzeit sehr viele Gespräche. Dass so rasch jemand gefunden werden muss, auch wenn es nur um eine interimistische Betrauung geht, erschwert die Situation. Jeder weiß, es brodelt im Ensemble und die finanzielle Lage ist nicht die einfachste. Ich hoffe aber, dass wir bis zur Aufsichtsratssitzung am 19. März eine integrative Persönlichkeit finden.

Integrationsvermögen ist ja nicht die einzige Anforderung, zumal Sie die Interimsleitung vielleicht sogar bis zum Saisonstart 2016/17 installieren wollen. Lässt sich im Ensemble wirklich jemand mit der entsprechenden kaufmännischen Kompetenz finden?

OSTERMAYER: Dass das jemand sein muss, der auch nach dem GmbH-Gesetz die Verantwortung wahrnehmen kann, ist klar.

Wird das nun auch in der Ausschreibung für den nächsten regulären Burgtheaterdirektor deutlicher ausgeschildert?

OSTERMAYER: Das war es ja schon. Es musste auch bisher jedem Direktor klar sein, dass er nicht nur für den Spielplan, sondern auch für die kaufmännischen Bereiche zuständig ist, die einem GmbH-Geschäftsführer obliegen.

Matthias Hartmann will gegen seine Entlassung klagen. Kann also sein, dass ihm die Republik bis 31. August 2019 seine Gage bezahlen muss. Mehr als eine Million Euro - das wäre der Öffentlichkeit wohl schwer zu erklären.

OSTERMAYER: Erstens habe ich ein Rechtsgutachten eingeholt, um abzuklären, ob und wie ich handeln muss. Die Risikoabschätzung dazu ist so ausgefallen, dass wir diesen Schritt gesetzt haben. Zweitens müsste Matthias Hartmann sich die Einnahmen, die er erzielen würde, gegenrechnen lassen. Und drittens stellt sich auch die Frage von Organhaftung und Schadenersatzansprüchen. Also habe ich da keine Sorge.

Hat es Sie überrascht, dass Sie bloß jemanden feuern müssen, um Ihre eigenen Beliebtheitswerte durch die Decke zu schicken?

OSTERMAYER: Ich versuche, das anders zu fassen. Das war die persönlich unangenehmste Zeit in meinem bisherigen politischen Leben. Es heißt ja immer, eine Krise ist auch eine Chance. Aber auf diese Chance hätte ich gern verzichtet. Ich habe Matthias Hartmann am Dienstag um 9.30 Uhr meine Entscheidung mitgeteilt. Zufällig hatte ich da schon zu einem früheren Zeitpunkt das Ensemble zu einem Gespräch um 10 Uhr eingeladen. Da standen dann also 50, 60 Schauspieler vor meinem Büro.

Für das Unangenehmste, was Sie jemals machen mussten, gab es einhellige Zustimmung.

OSTERMAYER: Das hat mich überrascht. Eine so breite Zustimmung ist unüblich in der Politik. Die Erfahrung habe ich bisher nur anlässlich der Einigung bei den Kärntner Ortstafeln gemacht.

Keine Zustimmung, sondern flächendeckende Ablehnung gab's für Ihre Entscheidung, Georg Springer in Amt und Würden zu belassen, der als Chef der Bundestheater-Holding ja sogar seine Mitverantwortung an dem Finanzdesaster mit 8,3 Millionen Euro Schulden bekannt hat. Ein Gnadenakt, weil er sowieso Ende des Jahres geht?

OSTERMAYER: Das hat mit Gnadenakt gar nichts zu tun. Ich habe auf Basis von Fakten entschieden, das Rechtsgutachten sagt eindeutig, dass Matthias Hartmann seine Sorgfaltspflicht als Geschäftsführer erheblich verletzt hat. Bei Georg Springer ist das nicht der Fall. Es ist gut, dass er jetzt intensiv an den Lösungen für die Zukunft mitarbeitet. Wir müssen die Budgets für die drei Bühnen Burgtheater, Akademietheater, Kasino erstellen. Hauptthema derzeit ist es, Stabilität ins Burgtheater zu bringen. Ökonomisch, aber auch emotional. Ich habe mich da intensiv eingebracht, weil ich glaube, dass es gerade in der jetzigen Phase notwendig ist.

Sie haben angekündigt, dass an den Strukturen geschraubt werden muss. Was ist da schon konkret?

OSTERMAYER: Ich bin dafür, dass man sich sehr genau anschaut, ob man die Strukturen in Theater bzw. Holding verbessern oder effizienter gestalten kann.

Man kann auch gleich sagen, die Holding hat sich nicht bewährt.

OSTERMAYER: Das würde ich nicht sagen. Nach allen Fakten haben sich die Aufsichtsräte auf das verlassen, was die Wirtschaftsprüfer gesagt haben. Und die haben noch am 13. Februar 2013 schriftlich festgehalten, dass das Rechnungswesen des Burgtheaters in Ordnung ist. Ehrlich gesagt, wenn ich Aufsichtsrat wäre, würde ich auch nicht verlangen, jeden Beleg selbst zu sehen. Dafür gibt es Wirtschaftsprüfer, und dafür gibt es Geschäftsführer. Matthias Hartmann hatte hier auch als künstlerischer Geschäftsführer die Gesamtverantwortung. Schon möglich, dass es vor der Öffentlichkeit einfacher für mich gewesen wäre, alle zu feuern. Aber das ist nicht meine Aufgabe. Meine Aufgabe ist es, auf Basis von Fakten zu agieren, nicht abzuwägen, was emotional oder stimmungsmäßig besser wäre.

Das Bilanzloch des Burgtheaters wird geschlossen?

OSTERMAYER: Bis Juni müssen wir mit den Budgets für die nächsten Jahre fertig sein.

Die logische Konsequenz: Das Ensemble schrumpft und es wird weniger Produktionen geben?

OSTERMAYER: Kann auch sein, dass wir über eine der Spielstätten reden müssen.

Dann wird also das Kasino fix zugesperrt?

OSTERMAYER: Dafür ist es zu früh. Diese Diskussion wird im Aufsichtsrat geführt, am Ende des Prozesses steht ein Ergebnis: dass es, ohne die Basisabgeltung zu erhöhen, trotzdem ein ausgeglichenes Budget gibt.

Sie sagen, eine Erhöhung der Burgtheater-Basisabgeltung von 46 Millionen Euro wird es nicht geben. Ist es nicht nachvollziehbar, dass die jährlich steigenden Gehälter das Budget für die künstlerische Produktion auffressen, wie Hartmann und Stantejsky immer wieder betont haben?

OSTERMAYER: Ich verstehe jeden Künstler und Direktor, der sagt, er hätte gern mehr Geld. Aber eine Folge der Krise von 2008 ist, dass es keine zusätzlichen Mittel gibt.