eHrr Mair, Sie sind im Oktober aus dem Bankenwesen in den Vorstand der Styria gewechselt. Wie hat sich denn das Bild der Medien für Sie gewandelt?

MARKUS MAIR: Die Styria ist gut aufgestellt, für den Erhalt der klassischen Zeitung ist aber strategisch viel zu tun. Wir müssen unsere Marken auf mehr Plattformen ausspielen, wir müssen die Zeitung aus vorhandenen Stärken wie Marktposition, Knowhow, Erfahrung weiterentwickeln und für das digitale Business nutzen. Und: Eine Zeitung zu produzieren, unterliegt betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten. Wenn es uns etwa gelingt, unsere wirtschaftliche Unabhängigkeit aus dem nichtredaktionellen Teil unserer Tätigkeit zu generieren, dann ist das für mich auch okay.

Sie spielen auf die Tendenz im Verlagswesen an, im Web Immobilien, Gebrauchtwagen, Katzenfutter zu verkaufen und Medien eher als Zusatzangebot zu führen.

MAIR: Ich finde da nichts dabei. Medien haben immer Kleinanzeigen transportiert, früher im Print, heute eben digital.

Man kann es aber auch als Absage an die publizistische Identität eines Verlags sehen, wenn man - wie jüngst Springer in Deutschland - erfolgreiche Regionalzeitungen verkauft, um in kommerzielle Kleinportale zu investieren.

MAIR: Damit wurde fast eine Milliarde Euro erlöst. Aber man muss auch die Stärken sehen, die Springer da abgestoßen hat. Online lässt sich bisher nur ein Bruchteil dessen erwirtschaften, was die klassische Zeitung leistet. Aber an sich gehe ich strategisch damit d'accord, aus dem nichtjournalistischen Geschäft Erlöse zu erzielen und damit Qualitätsjournalismus möglich zu machen. Die Möglichkeiten, das Hirnschmalz, das in Qualitätsjournalismus steckt, zu ökonomisieren, sind nun einmal gering.

Stichwort Qualitätsjournalismus: Eben wird eine Teilzusammenlegung der beiden Styria-Zeitungen "Presse" und "Wirtschaftsblatt" vollzogen. Wie weit kann das gehen, ohne Schädigung der jeweiligen Identität?

MAIR: Für das Redaktionsnetzwerk im Wirtschaftsbereich legen wir Kompetenzen aus zwei Redaktionen zusammen. Wir senken die Kosten und heben die Qualität - das klingt per se skurril, aber wir werden das hinkriegen. Abgesehen davon müssen wir am Produkt etwas ändern, wenn wir von Fachpublikum rückgemeldet kriegen, dass eine Wirtschaftszeitung wesentlich tieferen Inhalt und somit andere Recherche braucht als der Wirtschaftsteil einer Tageszeitung.

In der Medienbranche herrscht eine gewisse Ratlosigkeit im Umgang mit aktuellen Umbrüchen - Verlust der Deutungshoheit, sinkende Werbeerlöse, Abwanderung ins Web. Was macht Sie unruhig?

MAIR: Es macht mich unruhig, dass sich der Werbekuchen auf immer mehr Anbieter verteilt - da meine ich nicht nur die digitale Konkurrenz, sondern auch die steigende Anzahl an TV-Sendern. Es beschäftigt mich, dass sich das konjunkturelle Umfeld in Europa nicht wesentlich ändert. Und ich denke darüber nach, wenn Umfragen anzeigen, dass bei unter 14- bis 29-jährigen Medienkonsumenten die Zeitungsnutzung zurückgeht. Diese Leser interessieren sich kaum für Politik, da muss man überlegen, welche Inhalte man ihnen bietet.

Ihre eigene Mediennutzung?

MAIR: Ich könnte mir keinen Tag ohne Zeitung vorstellen. Ich lese Zeitung auch als App, aber auf Papier sind Texte wertiger.

Wann sind Sie bereit, für digitale Angebote zu bezahlen?

MAIR: Da ist mein Qualitätsanspruch streng. Ich würde für nichts zahlen, was austauschbar oder allgemein zugänglich ist.

Definieren Sie Medienqualität.

MAIR: Nicht nur Fakten, auch differenzierte Begründungen, Meinungen. Ich will Hintergründe.

Sie haben angekündigt, die Statik des Styria-Konzerns ändern zu wollen. Wie geht es da voran?

MAIR: Die "Presse" hat sich wirtschaftlich und als Produkt hervorragend entwickelt. Nach wie vor ist die Kleine Zeitung am erfolgreichsten; um diese Asymmetrie auszugleichen, müssen wir sowohl in Slowenien und Kroatien etwas unternehmen als auch ins digitale Business investieren.

Das Bekenntnis zu Slowenien und Kroatien bleibt trotz der Wirtschaftslage dort unstrittig?

MAIR: Ja. Auch wenn wir dort bei einzelnen Produkten strategische Maßnahmen setzen werden.