Die Aufregung im Vorfeld war groß: Wenige Tage nach der Affichierung der Plakate für die Ausstellung "nackte männer. von 1800 bis heute" entschloss sich das Wiener Leopold Museum aufgrund der zahlreichen Beschwerden zu einer Überklebung der Genitalien auf dem Werbesujet, das ein Werk der französischen Künstler Pierre & Gilles zeigt. Präsentiert wird aber eine Schau, die sich alles andere als aufdringlich mit dem männlichen Akt in der Kunstgeschichte der vergangenen 200 Jahre auseinandersetzt und den kulturellen Wandel des "Mannsbilds" nachzeichnet.

Rund 300 Exponate umfasst die Schau, die sich sowohl chronologisch wie auch thematisch der bisher kaum explizit in den Mittelpunkt gerückten männlichen Nacktheit in der Kunst widmet.

Die Entwicklung des nackten Mannes als Thema der Kunst von der rein ästhetischen, eher harmlosen Darstellung, in denen die Penisse auch oft (halb) verdeckt wurden, bis hin zur expliziten Thematisierung sexueller Handlungen zeigt sich im Laufe der Schau nicht immer jugendfrei. Besonders in den Werken nach 1945 tritt die Wirkung von Nacktheit immer stärker in den Vordergrund, was zartbesaitete Besucher durchaus verstören könnte.

Als Vorbote empfängt bereits seit zwei Wochen Ilse Haiders überlebensgroße Skulptur "Mr. Big" im Museumsquartier die Besucher. Seit Freitag können Interessierte auch im Inneren des Leopold Museums der Nacktheit auf den Grund gehen. Im Schwerpunkt "Klassische Moderne" widmet man sich Themenblöcken wie "Beisammensein im Bade", wo etwa Paul Cezannes "Sieben Badende" oder Edvard Munchs "Badende Männer" gezeigt werden. Egon Schiele, Richard Gerstl und Anton Kolig sind mit mehreren Werken im Block "Wien um 1900" zu sehen. Einen Kontrapunkt setzt die Kunst nach 1945: "Weibliche Blicke" auf den männlichen Akt liefern etwa Elke Krystufek oder Maria Lassnig, der "männliche Blick" ist durch Positionen von Günter Brus, Andy Warhol oder David Hockney vertreten.

Besonders eindrucksvoll ist der Abschluss der Ausstellung, "Norm und Aufbegehren" betitelt, der u. a. eine starke Fotostrecke von Tomislav Gotovac ("Foxy Mister") beinhaltet.