Herr Wallisch, im ORF-Satirehit "Braunschlag" von David Schalko sind Sie seit einigen Wochen in der Rolle des UFO-Landeplatzbesitzers Reinhard Matussek zu sehen. 975.000 Menschen sahen beim Auftakt zu. Was ist das Geheimnis der Serie oder anders gefragt: das Wunder?

RAIMUND WALLISCH: Ich denke, es liegt hauptsächlich daran, dass darin keine Leerläufe enthalten sind. Und: Jede einzelne Figur treibt die Geschichte weiter und ist ein Zugewinn. Das Schöne ist, Braunschlag ist überall. Braunschlag kann überall funktionieren. Die Handlung ist nicht aufs Waldviertel zugeschnitten, sondern repräsentativ fürs Landleben. Ich sag es einmal so: Wie das Leben halt so ist. Wie die Menschen halt so funktionieren.

Sie spielen auch den Dorfpolizisten in "Vier Frauen und ein Todesfall", wirkten in der Kifferkomödie "Contact High" mit und werden überhaupt gerne für Komödien gebucht. Gut oder schlecht?

WALLISCH: Ich spiele alles gern, beinahe alles. Komödien auch, obwohl sie am schwierigsten sind. Beim Drehen fehlt in komischen Situationen nämlich die Reaktion des Publikums. Aber in Wahrheit ist es so, dass man jede Figur, die man besetzt, auch ernst nehmen muss.

Wenn Sie sagen, Sie spielen beinahe alles gern, was denn nicht?

WALLISCH: Burgschauspieler Raoul Aslan hat einmal gesagt, es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder jemand sagt zur Rolle "Ja" oder "Ja, von mir aus". In diesem Beruf kann man es sich nicht aussuchen: Auch das ist Realität.

Sie sind oft auf Nebenrollen gebucht. Haben Sie ein Problem damit?

WALLISCH: Das sind genauso Rollen, die man zu erfüllen hat. Per se ist eine Nebenrolle doch kein Drama. Die Frage ist immer, auf welche Rolle man draufpasst.

In welche Rolle würden Sie, aus Ihrer Sicht, passen?

WALLISCH: Das weiß ich nicht. Es kommt darauf an, was die anderen in dir sehen und wie die gesamte Konstellation ist.

Und gäbe es eine Rolle, die Sie sich wünschen?

WALLISCH: Das mache ich nicht, mir Rollen wünschen. Dieser Job ist nicht planbar, niemand weiß, was daherkommt.

Sie haben keine Wunschrolle?

WALLISCH: Nein.

Gilt das auch fürs Theater?

WALLISCH: Nein, da ist es ein bisschen anders. Zuerst spielte ich Stücke von Schleef oder Jelinek, später eigens entwickelte. Das ganze klassische Theaterrepertoire habe ich gar nie gespielt. Richard III. wäre schon so eine Rolle, die ich gerne spielen würde.

Sie spielen auf der Bühne genauso wie für Film und Fernsehen. Was ist Ihnen am liebsten?

WALLISCH: Es ist immer so: Wenn ich das eine mache, dann geht mir das andere ab!

Wie empfinden Sie es, sich selber auf dem Bildschirm oder auf der Leinwand zu sehen?

WALLISCH: Sagen wir so: Man lernt, sich zu abstrahieren. Und wenn es nicht zur Premiere ist, dann sehe ich mich überhaupt nicht auf der Leinwand.

Wie sieht es derzeit an Dienstagabenden aus? Sitzen Sie da zu Hause mit Freunden und sehen sich Braunschlag an?

WALLISCH: Oh nein! Das tut man doch nicht! Das schaue ich mir gar nicht mehr an. Ich habe es einmal auf DVD gesehen, das nächste Mal erst wieder in ein paar Jahren. Dann ist es leichter, wenn man die Distanz dazu hat.

Wann und warum haben Sie denn eigentlich beschlossen, Schauspieler zu werden?

WALLISCH: Da kann ich mich noch gut erinnern. Es war das Krippenspiel in der Schule, ich war acht Jahre alt und ich spielte den guten Hirten. Schon bei den ersten Proben war klar: Das will ich werden.

Was würden Sie heute für eine Rolle alles mit sich anstellen lassen, rein äußerlich?

WALLISCH: Mit mir gar nichts, nichts Irreversibles. Sonst: Alles, was die Rolle verlangt. Haare färben oder schneiden - das sind normale Vorgänge. Das sollte man sich schon überlegen, wenn man Schauspieler werden will.

In Ihrem Profil steht, Sie beherrschen auch die hohe Kunst des Jonglierens. Zum Ausgleich?

WALLISCH: Nein, das habe ich bei meiner Schauspielausbildung gelernt. Ich wäre aber beinahe Zirkusartist geworden.

Erzählen Sie mehr darüber, bitte!

WALLISCH: Gleich nach dem Abschluss auf der Schauspielschule hatte ich zwei Möglichkeiten: Entweder Artist oder ein Engagement bei Einar Schleef beim Jelinek-Stück "Ein Sportstück". Dann kam also das Burgtheater.

Bereuen Sie das?

WALLISCH: Nein!

1993, also vor knapp 20 Jahren, haben Sie Graz verlassen und sind nach Wien gezogen. War Ihnen Graz zu eng?

WALLISCH: Ja, aber es hat sich sehr zum Guten verändert. Graz ist eine sehr schöne Stadt, was ich damals natürlich überhaupt nicht so empfunden habe. Mariatrost oder Mariagrün, das sind schöne Gegenden. Und natürlich der Schloßberg. Selbst dort ist es heute viel belebter als damals.

Ihre Bilanz zum Filmstandort Graz?

WALLISCH: Es ist schon etwas in Bewegung gekommen in diesem Punkt und es gibt ein Riesenpotenzial. Aber die Steiermark ist in der Filmszene und im ORF ohnehin dominierend.

Wie meinen Sie das?

WALLISCH: Als ich am Burgtheater gespielt habe, dachte ich: Die Theaterwelt besteht ja nur aus Oberösterreichern. Derzeit denke ich mir bei fast jedem Dreh: Schon wieder Steirer! (lacht)

Entsteht gerade ein neuer Film mit Ihnen?

WALLISCH: Ja, für "Steirerblut" von Wolfgang Murnberger bin ich soeben in Eisenerz vor der Kamera gestanden.