Ein deutscher Wissenschafter hat nach eigenen Angaben den vermutlich ältesten hebräischen Text außerhalb der Bibel entziffert. "Bei der antiken Inschrift auf einer 3000 Jahre alten Tontafel handelt es sich um Sozialgesetze, die Ausländer, Witwen und Waisen im alten Israel schützen sollten", berichtete der evangelische Theologe Reinhard Achenbach der Universität Münster am Dienstag.

"Unser heutiger Grundsatz, Ausländern vor Gericht Rechtsschutz zu gewähren und sozial Benachteiligte im Sozialstaat zu schützen, reicht also weit in die altorientalische Zeit zurück", so der Experte. Archäologen der Hebräischen Universität Jerusalem hatten die Inschrift 2008 bei Grabungen in Khirbet Qeiyafa, 25 Kilometer südwestlich von Jerusalem, entdeckt. Die Fachwelt feierte den Fund sofort als Sensation.

Wissenschafter in Israel sprachen damals vom bedeutendsten Fund seit der Entdeckung der legendären Schriftrollen von Qumran im Jahr 1947. Seitdem waren Experten damit befasst, den fünfzeiligen Text zu entziffern und seinen Inhalt zu deuten.

Die Inschrift entstand rund 1000 Jahre vor Christus. "Die aus dem Kanaanäischen übernommenen Schriftzeichen hat wohl ein Schüler auf das Ostrakon, eine Tonscherbe, geschrieben", erläuterte Achenbach. "Es handelt sich um eine Schreibübung. Das Kopieren von Gesetzestexten diente der Ausbildung der königlichen Beamten, die die Rechtsverhandlungen in den Ortschaften überwachen sollten."

Die zweite und dritte Zeile auf der Tonscherbe lauteten "Schaffe Recht dem Sklaven und der Witwe, schaffe Recht der Waisen und dem Fremden! Verteidige das Recht des Unmündigen, verteidige das Recht des Armen!", übersetzte Achenbach. "Somit gehörten Schutzrechte für benachteiligte Menschen zu den ältesten Rechten Israels." Dabei knüpften die Israeliten an ältere kanaanäische und ägyptische Traditionen an, wie der Experte unterstreicht.