Schmetternde Trompeten und säuselnde Geigen, zwitschernde Vögel und wuchtige Tänze, derber Humor, deftige Erotik und berührende Klage: Mit "The Fairy Queen" hat Henry Purcell seine längste Theaterpartitur geschaffen, deren Facettenreichtum Nikolaus Harnoncourt kontraststark schillern lässt.

"The Fairy Queen" ist eine "Semi-Opera", eine Abfolge von "Masques", die als musikalische Zwischenspiele jeweils am Ende der fünf Akte von William Shakespeares Komödie "Ein Sommernachtstraum" zur Unterhaltung der Elfenkönigin eingefügt wurden. Ohne Vertonung eines Worts von Shakespeare, ohne Figuren aus seinem Stück, ohne einheitliche Handlung und ohne durchgehende Charaktere.

Ständige Veränderungen

1692 in London aus der Taufe gehoben, blieb "The Fairy Queen" eine work in progress. Purcell hat für eine Wiederaufnahme im Jahr danach einige der bedeutendsten Nummern nachkomponiert und sein Werk immer wieder den Gegebenheiten angepasst.

Das tut auch, weil es keine definitive Fassung gibt, Nikolaus Harnoncourt. Er hat die Reihenfolge der Musikstücke teilweise umgestellt und aus den 59 Nummern fünf Instrumentalsätze, die zum Großteil auch schon bei seiner konzertanten Aufführung bei der "styriarte" 1992 seinem Rotstift zum Opfer gefallen waren, gestrichen.

Seiner Bedeutung als Kraftzentrum der Aufführung entsprechend, sitzt der Concentus Musicus, von der Bühne eingerahmt, im Zentrum. Und erweckt mit tänzerischem Elan, üppiger, diesmal zusätzlich mit einer Laute (Luca Pianca) angereicherter Farbpalette und subtiler Differenzierungskunst Purcells vielfältigste Partitur zu prallem Leben. Und dort, wo Purcells Angaben den Interpreten Spielraum lassen, setzt Harnoncourt seine Klangfantasie ein: Beim "Echo" antwortet der Naturtrompete auf der Bühne eine Oboe im Orchester, auf die aus der Ferne, noch weicher, eine Blockflöte folgt.

Herzzerreißende Klage

Berührend spielt Andrea Bischof, die statt Erich Höbarth am Konzertmeisterpult des Concentus sitzt, das Violinsolo in "The Plaint", dem großen Klagelied des fünften Akts, das Dorothea Röschmann mit extrem gedehntem Zeitmaß herzzerreißend vorträgt. Ihr warmer, fülliger Sopran kontrastiert perfekt mit der leichteren Stimme von Martina Janková, die puren vokalen Liebreiz verströmt. Im Register darunter setzen sich der charaktervolle Mezzosopran von Elisabeth von Magnus und der wohlgerundete Countertenor von Terry Wey deutlich voneinander ab.

Kultiviert klingt Joshua Ellicotts schlanker Tenor. Enorme Wandlungsfähigkeit beweist Florian Boesch, der als betrunkener, stotternder Dichter über die Bühne wankt, seine Umgebung behutsam in den Schlaf singt, und in der satirischen Liebesszene zwischen Coridon und Mopsa ebenso als Komödiant auftrumpft wie als Elvis-Presley-Imitator.

Fulminant singt und engagiert spielt der Arnold Schoenberg Chor, dem Regisseur Philipp Harnoncourt eine wichtige Rolle zuweist. Auf der durch Baumstämme als Wald definierten, von einer wie eine Baumkrone strukturierten Holzwand (Lilli Hartmann) akustisch günstig nach hinten abgegrenzten Bühne inszeniert er mit bescheidenen Mitteln und viel Fantasie eine im Hippie-Milieu angesiedelte, abwechslungsreiche Nummern-Revue. Mit einem pantomimischen Tänzerpaar (Rita Sereinig und Max Niemeyer), das aus der Stadt flieht und im Wald Wundersames beobachtet und erlebt, knüpft er geschickt einen Ariadnefaden zwischen Purcells losen Szenen.

Der einzige Wermutstropfen nach der umjubelten Premiere: Eine weitere Opernproduktion mit Nikolaus Harnoncourt ist nirgendwo in Sicht.