Armer Erwin Lindemann. Landet einen Lotto-Jackpot und vor einer Kamera, die ihm alles raubt: Der arme Herr vergisst während einer völlig verunglückten TV-Aufnahme zuerst die Ordnung, dann den Sinn und schließlich gar den eigenen Namen.

Der Urheber dieser 1973 für die ARD entstandenen Sketches ist deutsche Nachkriegsgeschichte: Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow, kurz Vicco von Bülow, noch kürzer: Loriot. Der mecklenburgische Adelsspross wird als der populärste deutsche Humorist seit Wilhelm Busch erinnert. Sein prägnanter, trockener Humor wirkt bis heute nach.

Geboren wurde von Bülow 1923, aufgewachsen ist der Sohn eines preußischen Polizeioffiziers trotzdem teilweise im 19. Jahrhundert: Für einige prägende Jahre war der kleine Vicco bei seiner Großmutter untergebracht. Später, im Nachkriegsdeutschland, trieb er als Humorist und Zeichner mit seinen nimmer fröhlichen Knollnasengesichtern die Niederungen des Alltags in schiere Höhen.

„Berta das Ei ist hart“

Der bewusst missglückte Kommunikationsakt war ebenso Dauerthema seines humorigen Oeuvres wie die Unmöglichkeit eines gelungenen Dialogs zwischen den Geschlechtern, beispielhaft im Zwiegespräch mit dem schicksalsschweren Anfangssatz „Berta, das Ei ist hart“, einer der bekanntesten Sketches des Norddeutschen.

Mann und Frau, war sich der Meister des humoristischen Faches sicher, „passen einfach nicht zusammen.“ Vulgärer Spott war ihm hingegen zuwider: „Wer glaubt, Humor bestehe darin, sich über andere Leute lustig zu machen, hat nichts verstanden“, erklärte Bülow einmal und blieb diesem Leitspruch treu.

Wäre der Humorist nicht 2011 gestorben, er hätte am kommenden Sonntag seinen 100. Geburtstag gefeiert. Vicco von Bülow war im Weltkrieg Soldat, dabei unter anderem Teil des Russlandfeldzugs; später Zeichner, Kabarettist, Filmemacher, Regisseur und Musiker. Geht es nach Hape Kerkeling, hatte er zusätzlich noch eine staatstragende Rolle: „Für unsere Nation war er so etwas wie ein heimlicher Bundespräsident“, schrieb der TV-Entertainer nach dem Tod Loriots in einem Gastbeitrag für den „Spiegel“.

Loriot in Fernsehen und Radio

Die Rundfunkanstalten würdigen Loriots 100er mit allen Würden, allen voran die ARD, die heute mit „Loriot100“ die deutsche Comedyszene in den Zeugenstand ruft, um das Genie Bülows zu bezeugen. Nicht minder wichtig sind freilich Aufnahmen von Auftritten, die in der neuen Doku in die erfolgreichsten Zeiten des deutschen Fernsehens zurückführen. Teil des TV-Schwerpunkts sind auch Loriots erfolgreiche Kinokomödien: Die ARD zeigt „Pappa ante portas“ (heute, 21.45 Uhr) und „Ödipussi“ (Sonntag, 14.55 Uhr).

ORF III präsentiert am Freitag ab 13 Uhr alle 14 Folgen der „Loriot“-Kulturserie, Ö 1 hat „Radiokolleg“ und einen Opernabend („Der Ring des Nibelungen“, 18. 11.) im Programm. ORF 2 widmet sich dem Jubilar heute Abend im „Kulturmontag“ (22.30 Uhr). Dort bekennt sich nicht nur Otto Waalkes als Loriot-Verehrer und sagt: „Gute Pointen haben kein Verfallsdatum.“