Am 3. Mai ist die TU Graz Bühne für die Karrieremesse Teconomy. Was gibt es heuer Neues?

IRIS WOLKERSTORFER: Wir haben 95 Firmen auf der Teconomy - so viele wie noch nie. Neben dem CV-Check wird es erstmals einen Social-Media-Check geben. Das soll Studierenden helfen, ihr Profil auf sozialen Netzwerken zu verbessern.

Suchen Sie gezielt Bewerber auf sozialen Netzwerken?

MANFRED HARTINGER: Nein, wir nützen das eigentlich nicht und googeln nicht alle Kandidaten. Das persönliche Gespräch ist immer noch wertvoller.

Die Bestrebungen der TU gehen stark Richtung Internationalisierung - eine Reise in die richtige Richtung?

HARALD KAINZ: Wir haben in den letzten Jahren regelmäßig Befragungen der Industrie dazu durchgeführt. Die letzte Rückmeldung war, dass 80 Prozent unserer Absolventinnen und Absolventen Tätigkeiten für ihre Firmen auch im Ausland abwickeln müssen. Vor zehn Jahren lag der Wert noch bei 50 Prozent. Es geht rasant in diese Richtung.

Sie haben Studienprogramme auf Englisch eingeführt, greifen diese Bestrebungen?

KAINZ: Ziel ist es, uns international zu verankern. Eine Randbedingung ist, englische Programme einzuführen, weil damit Studierende und Lehrende der ganzen Welt nach Graz kommen können, und das greift exzellent. 2017 hatten wir über 100 Gastprofessorinnen und -professoren - im Gegenzug haben das 70 unserer Kolleginnen und Kollegen gemacht. Vernetzung ist eine Frage der Qualität, der Sichtbarkeit und damit letztendlich auch des Erfolges. Das sind keine Einzelmaßnahmen.

Den Anfang haben die Doktoratsprogramme gemacht ...

KAINZ: 2013 haben wir die Doktoratsprogramme flächendeckend auf Englisch umgestellt und in den Masterprogrammen stehen wir etwa bei der Hälfte. In den nächsten drei Jahren werden wir auf etwa 75 bis 80 Prozent kommen. Gewisse Programme werden wir auf Deutsch belassen, da gibt es Vorlesungen über Österreichisches Recht etc. - das macht keinen Sinn und wir haben ein Angebot für diejenigen, die sich möglicherweise nicht drübertrauen. Wir beginnen auch mit Enrichmentangeboten - es werden immer mehr Vorlesungen im Bachelor auf Englisch angeboten. Die Fakultäten entscheiden selbst, welche Maßnahmen sie ergreifen wollen.

Ist Ihnen ein Generalist lieber als ein Spezialist?

HARTINGER: Das hängt vom Job ab. Aber so oder so sollte er Englisch können, sollte sozial bewandert sein.

Haben Sie an der Universität das nötige Rüstzeug für ihren heutigen Job gelernt?

JAKOB SANTNER: Ich habe die Elektronik-Fachholchschule Joanneum Kapfenberg, danach das Doktoratsstudium an der TU Graz absolviert - das Doktoratsstudium für einen Abgänger der Fachhochschule bedeutet zustätzliche Grundausbildungen nachholen. Das ist defintitiv notwendig! Eine breite Basisausbildung, die es auf dem Level an der FH nicht gegeben hat. In Bezug auf unser Unternehmen: Abhängig von der Stelle und der Tätigkeit braucht man heute breit aufgestellte Leute - aber auch Leute, die eine gewisse Grundlage haben und dann aber in einem speziellen Thema Fachexperten sind oder werden wollen. Das Lernen im Job am praktischen Problem dauert dann aufbauend weitere 10, 20 Jahre.

Wie lockt man gut qualifizierte Mitarbeiter an einen Standort wie etwa St. Michael ob Bleiburg?

MICHAEL KOSUTNIK: Lange hat das Regionale gut funktioniert, aber wir werden immer internationaler. Das internationale Recruiting wird immer spannender. Wir arbeiten etwa eng mit Serbien und Bosnien zusammen, haben ein Projekt mit der Wirtschaftskammer in Spanien, weil Spanier von ihrer Mentalität her leichter zu bewegen sind, in ein anderes Land zu gehen, als zum Beispiel Italiener und Griechen.

Womit punkten Sie denn außer mit einer attraktiven Stelle?

KOSUTNIK: Eine Idee ist, die Tourismusregion mit zu verkaufen, deshalb arbeiten wir mit dem Tourismusverband zusammen. Der Markt hat sich komplett gedreht - wir müssen näher zu den Bewerbern. Deshalb nehmen wir allein heuer auch an 16 Jobmessen teil.

MARTIN KRCH: Ich kann das nur unterstreichen, bei uns sieht man zuerst einmal das Luftbild - sicher ein guter Einstieg in das Thema. Den Fuß in die Tür bekommt man mit internationalen Konzernen.

Wo rekrutieren Sie außerdem?

HARTINGER: Wenn es um akademischen Nachwuchs geht, stark in Graz. Wir haben regelmäßig Bedarf an hoch qualifizierten Leuten und merken, dass sich die Situation in den letzten fünf Jahren verschärft hat. Es ist fast unmöglich, einen fertigen Elektrotechniker auf einer Jobmesse zu finden, weil sie früh an die Unternehmen gebunden werden.

SANTNER: Die beiden Begriffe Ausbildung und Arbeit verfließen immer stärker. Wir haben sehr viele Leute aller Altersstufen bei uns, wo es ganz natürlich ist, dass nebenbei immer eine Ausbildung gemacht wird - Teilzeitstudium, Teilzeitarbeit, Bildungskarenz ...

Ihr Unternehmen ist Vorbild in Sachen Teilzeitverträge ...

SANTNER: Am Ende des Tages geht es immer darum, dass es eine gute Balance zwischen dem Interesse von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gibt. Wenn diese Balance hergestellt ist, sind wir sehr flexibel.

Welche Qualifikationen müssen Bewerber heute mitbringen?

KOSUTNIK: Anpassungsfähigkeit ist ein großes Thema. Soziale Kompetenzen sind extrem vorherrschend, Flexibilität und lebenslanges Lernen.

HARTINGER: Ab einem gewissen Level in der Hierarchie muss man Englisch beherrschen. Da ist es hilfreich, wenn man schon während des Studiums einen Bezug hat, Internationalität, Interkulturelles lernt.

Mitte März reisten Vertreter unserer Regierung nach China - ist der Markt auch für Sie interessant?

SANTNER: Wir sind in dem Markt seit vielen Jahren mit einer Tochterfirma tätig. Die Geschwindigkeit, die von China ausgeht, ist enorm, hat aber auch andere Komponenten: Wir haben Leute aus China, die hier arbeiten. Aber es ist natürlich auch ein Konkurrenzmarkt.  

HARTINGER: Die chinesische Papierindustrie hat hochmoderne Fabriken. China ist derzeit wegen der Zölle ein bisschen ausgesperrt aus Europa, aber es ist ein potenziell hochklassiger Konkurrent. 

KRCH: Bei einigen Unternehmen besteht eine Konkurrenzsituation - vor allem im Energiebereich. Aber als Wachstumsmarkt ist China natürlich spannend. Nicht das ganz große Thema bei uns.

Die Unternehmen auf der Teconomy Graz sind stetig zahlreicher geworden - müssen Sie auch Firmen ablehnen?

WOLKERSTORFER: Ja, das Interesse ist groß und der Platz begrenzt. Wir weichen schon auf Zelte vor dem Gebäude aus.