Dafür gibt es weder Lehre noch Studium. Wie also wird man Kinobesitzerin?

MICHAELA ENGLERT: Aus Versehen. Mich hat es von Anfang an in die Filmbranche gezogen, die Frage war zunächst nur: Filme kritisieren, also Journalismus, oder Filme machen? Aber zunächst landete ich dann bei der Austrian Film Commission, danach in der Pressestelle von diversen Filmverleihen und zwischendurch machte ich mein Studium fertig. Heute bin ich beim Thimfilm-Verleih für Presse und Marketing zuständig.

Und das Kino?

ENGLERT: Ich wohne seit eh und je in der Kaiserstraße. Nachdem ich mit großem Bedauern beobachtete, wie dort das Erika-Kino geschlossen wurde, und dann erfuhr, dass das nahe gelegene Admiral-Kino dasselbe Schicksal erfahren sollte, dachte ich: So, und jetzt musst du was tun, nicht immer nur jammern! Also rief ich Herrn Hammelmayer, den Vorbesitzer, an. Der hatte schon alles weggeräumt, meinte aber: "Tja, wenn Sie unbedingt wollen . . ." Ich zahlte ihm eine Ablöse für die Geräte und habe mich dann blauäugig in das Leben als Nebenerwerbskinobesitzerin gestürzt. Zum "Erwerb" kam es jedoch nie. Das Kino wurde mein Steckenpferd. Ein teures Segelboot, sage ich immer.

Sicher mussten Sie eine Menge investieren?

ENGLERT: Na klar. Ich bin es aber ziemlich naiv angegangen. Anfangs ließ ich mich von einem Vorführer technisch beraten, dem wurde es zu viel, doch da zeigte sich, was wahre Freunde sind. Mehrere Leute aus der Branche haben mir zunächst "ehrenamtlich" geholfen. Als ich die technischen Griffe in der Vorführkabine beherrschte, kam das Renovieren. Da musste etwa gleich eine neue Leinwand her, denn die alte hatte ein Loch. Bei Großaufnahmen von weiblichen Stars war das immer der "Schönheitspunkt", wie wir scherzten. Wir verbesserten den Ton, es kam eine neue Vorführmaschine und schließlich, vor zwei Jahren, haben wir auch noch die Digitalisierung geschafft.

Kostenpunkt?

ENGLERT: Ich habe ungefähr 70.000 Euro reingesteckt. Was die Technik betrifft, ist das Admiral ein absolut modernes Kino.

Die Digitalisierung, das Nonplusultra?

ENGLERT: Schon, doch sie birgt auch Gefahren. Die alten Zelluloid-Filme konnte man, wenn sie gerissen waren, kleben. Die Digitalmaschinen sind aber Computer. Wenn da was ist, geht nichts mehr. Deshalb muss man einen nicht unbedingt billigen Vertrag mit einer Wartungsfirma abschließen, die Tag und Nacht bereit ist. Gott sei Dank sind seit meinem Anfang erst zwei Vorstellungen aus technischen Gründen ausgefallen.

Es handelt sich übrigens um ein traditionsreiches Haus, das vor Kurzem den 100. Geburtstag feierte?

ENGLERT: Aus diesem Anlass habe ich mich schlau gemacht, habe herausbekommen, dass einst eine Familie Ebner das Kino besaß, habe die Fühler ausgestreckt. Tatsächlich meldete sich plötzlich ein Mister Henry Ebner aus London, 1936 geboren, Sohn der früheren Chefin, heute pensionierter Staatsanwalt. Er kam zur Geburtstagsfeier und besucht mich seither, was mich besonders freut, jedes Jahr.

Welcher war der erfolgreichste Film im Admiral-Kino, seit Sie dort "regieren"?

ENGLERT: Überraschenderweise "Atmen" von Karl Markovics, da hatten wir über 6000 Besucher.

Wie bewältigen Sie Ihr großes Pensum?

ENGLERT: Leicht ist es nicht, es ist oft eine enorme Doppelbelastung. Denn am Kino verdiene ich ja nichts, muss aber laufend die Kosten decken. Es gibt zwar eine Förderung von Stadt und Bund, doch ich stecke viel mehr hinein und arbeite faktisch unentgeltlich. Leider lassen die Funktionäre der Kulturpolitik unsereinen ziemlich im Regen stehen.

Warum tun Sie sich das an?

ENGLERT: Mein Mann sagt eh immer: "Wir brauchen kein Haus auf dem Land, denn du hast ja das Kino." Und dann bin ich ja mit all meinen Aktivitäten in der Branche, die ich seit jeher liebe. Das wiegt vieles auf. Ich bin stolz, dass ich ein Einzelkino führe, wie es das in der Form immer seltener gibt. Kürzlich war eine finnische Journalistin da, um einen Bericht zu schreiben, und sie hat gestaunt, denn in ganz Finnland existiert kein solches Unternehmen mehr.

Haben Sie wirklich noch nie ans Aufhören gedacht?

ENGLERT: Schon öfter, aber am Ende sage ich immer: "Nein, das Kino gebe ich nicht her. Ganz bestimmt nicht!"