Wann, Herr Kolonovits, hat es bei Ihnen erstmals "geklingelt"?

CHRISTIAN KOLONOVITS: Wirklich schon sehr früh. Ich wurde als Fünfjähriger lungenkrank. Der Arzt verschrieb mir Luftveränderung. Und da meinte mein Onkel Duzzi: "Schickt's den Buam zu mir nach Rom!" Dieser Onkel war ein ungarischer Priester, der in den Revolutionswirren erst zu uns ins Burgenland kam und dann nach Rom weiterzog. Dort wurde er Chorleiter der Musica Sacra, des vatikanischen Mönchschors, zudem war er ein exzellenter Musikpädagoge und unterrichtete Geige und Orgel. Ich fuhr also zu ihm nach Rom, lernte Noten lesen und wusste bald über die Gregorianischen Chöre bestens Bescheid.

War das der eigentliche Start Ihrer Karriere?

KOLONOVITS: Sicher. Und Onkel Duzzi sagte zu mir: "Du wirst Musiker!" Zu Hause habe ich mühelos alle Weihnachtslieder gespielt, was meine Eltern verwunderte, sie aber auch glücklich machte. Trotzdem wollten sie mir die Musik verbieten, weil ich ein so schlechter Schüler war. Aber die Lehrer halfen mir. "Lasst's den Buam in Ruah", erklärten sie meinen Eltern, "der muss Klavier spielen." Professor Bruckner besorgte mir dann einen Platz am einzigen Wiener Musikgymnasium.

Haben Sie die Matura mühelos geschafft?

KOLONOVITS: Ich war ein schlechter Schüler, und in Mathe fiel ich mit Pauken und Granaten durch. Natürlich maturierte ich in Musik, improvisierte zwanzig Minuten über die "West Side Story". Am Ende meinte der Vorsitzende: "Wenn Sie mir versprechen, dass Sie Musiker werden, lasse ich Sie durch." Ich habe es versprochen. Auf diese Art hatte ich der Schule in Strebersdorf also doch etwas zu verdanken. Aus heutiger Sicht ist mir auch klar, dass ich dort gelernt habe, mich durchzuboxen. Wie man durchs Leben kommt, ohne zugrunde zu gehen.

Danach ein Musikstudium?

KOLONOVITS: Ja, während dieser Zeit erfüllte ich meinen Nachholbedarf ich Sachen "Leben". Ich zog durch die Klubs, wo immer ein Klavier frei war, setzte ich mich hin und spielte. Das brachte mit sich, dass ich noch während des Studiums erste Jobs bekam. Ich schrieb etwa für Waterloo & Robinson den Hit "Hollywood".

Eine große Zeit damals mit dem Beginn des Austropop.

KOLONOVITS: Das kann man wohl sagen. Aber ich war ein sehr schüchterner Bursche, kam nicht damit zurecht, dass mich plötzlich alle kannten, also fasste ich den Beschluss, wegzugehen. Nach Frankfurt.

Was haben Sie in Frankfurt gemacht?

KOLONOVITS: Für Frank Farian und die Gruppe Boney M. gearbeitet, ebenso wie für die Oberkrainer, Supermax oder Costa Cordalis. Für mich die beste Schule, wie man "fabriksmäßig" Musik herstellt. Ich gründete die Gruppe Einstein, mit der ich Aufnahmen in Los Angeles machte. Gleich nach der Rückkehr sagte Wolferl Ambros zu mir: "Da gibt's einen, der dich schon seit zwei Jahren sucht. Fendrich heißt er." Ich fand ihn in St. Pölten. Das Resultat: sieben CDs unter meiner Leitung. Als dann die Philharmoniker nach anfänglicher Skepsis mit den Scorpions vor der Weltausstellung in Hannover auftraten, war ich auch - autodidaktischer - Dirigent. Nach dem Jubel kam der Orchestersprecher zu mir, überreichte mir eine Karte mit der Aufschrift "Christian Kolonovits - Dirigent der Berliner Philharmoniker" und meinte: "Jetzt kannst du überall auf der Welt dirigieren!"

Was ist aktuell geplant?

KOLONOVITS: Es gibt einen Auftrag für eine Rock-Oper. 2015 werde ich ein Album mit Ben Becker produzieren.