Zeigen mehrsprachige Personen im Bereich der sprachlichen Assoziation Zeichen von erhöhter Kreativität im Sinne des divergenten Denkens? Mit dieser Frage befasste sich Alexander Onysko vom Institut für Anglistik und Amerikanistik der Uni Klagenfurt. Seine Studie wurde kürzlich im International Journal of Bilingualism veröffentlicht.

„In meiner Forschung beschäftige ich mich schon länger mit Fragen des Sprachkontaktes, der Mehrsprachigkeit und mit den Varietäten des Englischen“, sagt Onysko, der seine Studie während eines Gastaufenthalts an der School of Maori and Pacific Development an der University of Waikato in Neuseeland durchgeführt hat. „Die Konstellation von ein- und mehrsprachigen Personen im Kontext des Neuseelandenglischen bot mir eine gute Möglichkeit, diese Forschungsbereiche zu verknüpfen.“

Die Studie untersuchte, ob zweisprachige Menschen in einer kreativen Aufgabenstellung zur Bedeutungsfindung von erfundenen Komposita andere Assoziationen haben als einsprachige. „Komposita sind Worte, die aus zwei oder mehreren Worten wie ,Tischtuch‘ und ,table cloth‘ bestehen“, erklärt Onysko. „Kreativität wird dabei am divergenten Denken – jenem Denken, das sich von der Allgemeinheit unterscheidet – gemessen.“

Dabei war es wichtig, dass die 117 Probanden erfundene, englische Wörter vorgelegt bekamen. „Nur so war es möglich, einen Einblick zu gewinnen, wie Menschen assoziativ bei der Bedeutungsfindung vorgehen“, sagt Onysko. Das erfundene Kompositum „rage curtain“ brachte etwa Assoziationen wie „mental block“, „something that blocks out anger“ und „party“.

Es stellte sich heraus, dass figurative und wörtliche Assoziationen bei Ein- und Mehrsprachigen ausgewogen vorkamen. Allerdings tauchten analoge Assoziationen wie „party“ für „rage curtain“ in Anlehnung an „rage party“ häufig bei den zweisprachigen Teilnehmern auf. Onyskos Folgerung: „Bei Mehrsprachigen scheint mehr Sprachaktivität im Gehirn zu passieren. Es erhöht sich die Fähigkeit, flexibel zu assoziieren.“