Mit einer Vorlesungsreihe greift der Universitätsclub an der Uni Klagenfurt das Thema Globalisierung auf. Wie betroffen ist man?
HORST GROSS: Die Globalisierung lehrt uns, dass jeder Verantwortung übernehmen muss. Mit unseren Symposien arbeiten wir schon seit über zehn Jahren in diese Richtung vor. Wir wollen aber die Interessierten über Wissenschafter und Top-Manager hinaus ansprechen, um in Kärnten etwas zu bewegen - mit der Universität und dem Lakeside Park als Kooperationspartnern.

Die Globalisierung kennzeichnet ein freier Markt um den Globus, aber auch eine Trennlinie durch die Welt zwischen Wohlstand und Armut. Wie trifft Globalisierung die Wissenschaft?
GROSS: Die Wissenschaft war immer global aufgestellt. Jetzt wird sie durch die Globalisierung zunehmend von bestimmten Werten eingeholt: An welchen Themen wir geforscht und wofür wird Geld zur Verfügung gestellt? Die Universitäten sind so wichtige Kooperationspartner der Wirtschaft, müssen aber auch aufpassen, dass sie nicht Handlanger von ökonomischen Überlegungen werden.

Zum Beispiel wenn mit Forschungsmitteln Themen vorgegeben werden wie Gentechnik oder Atomenergie?
GROSS: Zweifellos gehen heute die Forschungsmittel stärker in Richtung Naturwissenschaften. Oft ist es Forschung, wo am Ende ein Produkt herauskommen kann. Da sind wir bei der Industrialisierung von Wissen und Wissenschaft angelangt.

Ex-SPD-Chef Björn Engholm, mit dem Ihre Vorlesungsreihe startete, riet zu einer Rückbesinnung auf die Ästhetik in Kunst und Kultur als Antwort auf die Globalisierung und ihre Folgen. Wie das?
GROSS: Das ist auch unser Ansatz: Der Mensch muss alle seine Fähigkeiten ausnutzen, nicht nur das rationale Denken. Es geht darum, die Welt mit erweiterter Wahrnehmung zu sehen und die Ratio zu speisen. Dasselbe gilt für eine ganzheitliche Wissenschaft als inter- und transdisziplinärer Zustand. Einseitiges Denken kann in einer globalen Welt nicht die Zukunft entscheiden.

Wie nimmt die Universität Klagenfurt als Bildungsinstanz für die Region die Herausforderung einer solchen ganzheitlichen Wissenschaft und Forschung im Zeitalter der Globalisierung an?
GROSS: Wissenschaft sieht man im Zeitalter der Globalisierung so wie in der Industrie - als Wissensproduktion. Wird dieses Wissen patentiert, wird öffentliches Gut privatisiert. Privatisierung ist aber nicht das Allheilmittel, das hat auch der Club of Rome nachgewiesen. Die Globalisierung erfordert immer auch Antworten für die Region. Regionale Lösungen können zugleich Vorbildwirkung für globale Ansätze haben - so lange nicht Einseitigkeit produziert wird.