An einer Bushaltestelle in Klagenfurt traf Derya (21) auf einen älteren Österreicher, der sie über ihre Religion ausfragte. "Er wollte wissen, wie oft ich bete", erzählt sie. "Warum ich nicht konvertiere. Sehr unangenehm", erzählt die junge Muslimin. Negative Gefühle hat sie dennoch keine. Denn sie weiß: "Nur wenige Christen sind so fanatisch. Die meisten respektieren meinen Glauben."

Derya ist Deutsche, Türkin und Wahlkärntnerin, die seit Semesterbeginn in Klagenfurt studiert. Aufgewachsen in Stuttgart ist sie später mit ihren Eltern in die Türkei gezogen. Jetzt hat sie Germanistik inskribiert und lernt Kärntnerisch: "I a kenne ich schon. Das heißt: Ich auch."

Sommerloch-Diskussion. Wie ernst nimmt Derya ihren Glauben? "Schon ziemlich", auch wenn sie auf Uni-Partys Alkohol trinkt und "nie" ein Kopftuch tragen möchte. "Aber das soll jede halten, wie sie will." Die von Kärntner Lokalpolitikern losgetretene Sommerloch-Diskussion über Kopftuch- und Moscheen-Verbot hat sie kaum verfolgt. "Religion ist Privatsache. Das geht die Politik nichts an." Auch wenn sie sich wundert: "In der Türkei gibt es viele christliche Kirchen."

Rituell. Vorige Woche hat sich Derya mit 20 anderen islamischen Studentinnen und deutlich weniger Studenten in den Räumlichkeiten der Katholischen Hochschulgemeinde getroffen. Der Anlass: das rituelle Fastenbrechen nach dem Ramadan. Gut - die wenigsten haben wirklich 30 Tage gefastet, wie es der Islam vorschreibt. Aber sie nutzen den Feiertag zum geselligen Beisammensein.

Kopftuchträgerinnen sucht man vergebens. Die Studentinnen sind modern gekleidet, scherzen mit den Jungs und über den Uni-Alltag. Die meisten sind auf Auslandssemester hier - sie kommen aus der Türkei, Deutschland, Polen, Italien oder den USA. Organisiert wurde das Fest von Nesen Ertugrul, der Leiterin des Büros für Internationale Angelegenheiten. Auch sie ist Muslimin. So zwischen 50 und 60 Muslime gebe es am Klagenfurter Campus, schätzt sie. Probleme mit christlichen Studenten gebe es keine, "das ist völlig unkompliziert."

Ein Spannungsfeld gibt es natürlich - mit dem viele der jungen Muslime selbstbewusst umgehen. Etwa Irem: Die 22-jährige Türkin studiert Anglistik. Spezialgebiet: Cultural Studies, die Thematik hybrider Identitäten. "Mich interessiert, wie sich Türken im Ausland verhalten. Und wie ist es für sie, wenn sie wieder zurückkommen? Und wo ist ihre Heimat?" Derya gibt die Antwort. "Heimat ist überall. Eine Kultur allein reicht mir längst nicht mehr. Ich brauche viele davon!"