Es alleine mit der Übersetzung "Deutsche oder Deutscher" zu versuchen, würde der Wortkreation nicht gerecht werden. Piefke. In Österreich ist das keine Bezeichnung, sondern eine Diagnose, keine Beschreibung, sondern ein Urteil - und zwar eines ohne Ablaufdatum. Das sind die mit den Brötchen, den Tüten und dem Stern am Auto. Die, die im Ausland keiner mag und sie sich selbst auch nur, wenn mal gerade Fußball-WM ist - und die war schon 2006.

Über Generationen hinweg wurde das schicksalsschwangere Wort hierzulande mit immer neuen Vorurteilen behängt, um quasi als Klimax in einem einzigen hingeworfenen Satz in Felix Mitterers pechschwarzer TV-Satire "Die Piefke-Saga" zu gipfeln: "Diese Österreicher können's nicht lassen, ständig müssen sie uns ans Bein pinkeln", ließ der Schöpfer seinen Hauptdarsteller Karl-Friedrich Sattmann sagen und löste damit massive Proteste in beiden Ländern aus. Doch wer sind diese Deutschen wirklich, die vor knapp 20 Jahren zum bizarren Klischee verzerrt über unsere Bildschirme flimmerten und heute unsere Hochschulen bevölkern?

Der Europäer

Es sind Menschen wie Heinrich C. Mayr. Über Klischees kann der 61-jährige Rektor der Universität Klagenfurt nur lachen. "Ein Bayer wie ich hat mit euch Österreichern doch mehr gemeinsam, als mit den Norddeutschen." Kurze Pause. "Außerdem fühle ich mich primär als Europäer." Sei 1990 ist Mayr in Österreich, seit 2006 führt der Informatiker die Geschicke der Alpen-Adria-Universität und hat damit quasi schon zwei Wellen deutscher Bildungshungriger an die Ufer der Hochschule schwappen sehen. Und das mit Freude. "International-Studierende können nie ein Nachteil sein, die bereichern doch das Universitätsleben immens."

Die, das sind momentan 483 Studierende aus Deutschland, die derzeit den Campus der Uni beleben, 114 kamen alleine im aktuellen Semester hinzu. In Fächern wie Psychologie machen die Deutschen sogar knapp die Hälfte aller Neuzulassungen aus - 50 von 117 Studierenden im Bachelorstudium sind deutscher Herkunft. "Die mischen doch den Campus auf", lobt Vizerektor Hubert Lengauer, der anti-deutschen und überhaupt allen xenophoben Ressentiments mit einem einfachen Argument entgegen tritt: "Das Ziel von Hochschulen war auch immer der internationale Austausch von Gedanken." Das sitzt.

Stichwort: Austausch

An der FH Kärnten sieht man die Angelegenheit generell gelassen. Wer selbst jedes Semester dutzende Studenten über die Grenzen schickt, dem fallen nur schwer Argumente gegen ausländische Studierende ein. "Dadurch, dass wir uns aussuchen können, wer bei uns studiert und die Studienplätze ohnehin beschränkt sind, haben wir dieses Problem nicht", meint Dietmar Brodel, Rektor der Fachhochschule Kärnten. Überhaupt schätze man die "internationale Atmosphäre und den Austausch mit Studenten und Professoren aus über 50 Nationen.

Brodel, Geburtsort Bitburg, ist einer davon. "Ich sehe mich weniger als Deutscher, eher als Weltenbürger." Nach seiner Zeit als "Research Associate" in den USA lehrte er an Hochschulen in Stuttgart und Bielefeld.

Ein weiteres Beispiel ist Florian Buchner, Gesundheitsökonom an der FH Kärnten. 2007 wechselte er von der Wirtschaft zurück in die Forschung. Ob Kärnten ihm da überhaupt entsprechende Voraussetzungen bieten könne? "In der Forschung arbeite ich mit Kollegen aus Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, Deutschland und Israel zusammen, da trifft man sich ein-, zweimal im Jahr bei Konferenzen, der Rest läuft virtuell ab. Als Bayer hab' ich zum alpenländischen Kulturkreis und Gemüt sicher den leichteren Zugang als zu einem Rheinländer."

Auf den Punkt bringt es Philipp Mayring, 57, Institutsabteilungsleiter an der Abteilung für Angewandte Psychologie und Methodenforschung an der Universität Klagenfurt: "Wenn es mehr Studierende gibt, dann brauchen wir einfach mehr Ressourcen. Wir freuen uns über jeden wissbegierigen Studierenden."

Friederike Wall, seit Jahresbeginn Professorin an der Abteilung für Controlling und Strategische Unternehmensführung und ursprünglich aus Deutschland, fasst es zusammen: "Ich fühle mich hier wohl und akademisch gut aufgehoben, nur meine vielleicht typische Direktheit muss ich wohl noch ablegen."