Ist Arbeit tatsächlich das halbe Leben? Wenn es nach dem Ergebnis diverser Studien und Umfragen geht, sogar mehr als das. Laut einer
„Marketagent“-Studie schwimmen die Österreicher im digitalen Datenfluss. Demnach gibt jeder zweite Büroangestellte an, dass es ihm kaum gelingt, nach Feierabend abzuschalten, und zumindest einmal pro Woche auch nach der Arbeit erreichbar zu sein. Das Ergebnis zeigt vor allem eines auf: Die Grenze zwischen Berufs- und Privatleben beginnt zu verschwimmen. Das Dauergebimmel des Telefons gibt den Ton an. Und wenn neue E-Mails im Posteingang erscheinen, klicken 23 Prozent der Befragten sofort auf die Benachrichtigung.

Auch der Arbeitspsychologe Paulino Jimenez beobachtet in der modernen Arbeitswelt einen vorherrschenden Druck. Es gehe vor allem darum, möglichst schnell zu reagieren.

Es reicht!

Die damit einhergehende Rastlosigkeit habe in einigen Fällen sogar Nervosität, Müdigkeit und Reizbarkeit zur Folge. Kein Wunder also, dass ein Drittel der Österreicher einen grundsätzlichen Wunsch nach Entschleunigung verspürt. Es gibt Faktoren, die lassen sich nicht beeinflussen. Doch es gibt Hilfsmittel. „Wie schnell man eine Mail beantworten muss, haben die wenigsten Unternehmen irgendwo festgeschrieben“, so Jimenez. Viel selbst auferlegter Stress ließe sich mit einem Gespräch unter Kollegen vermeiden. Hilfreich wäre zum Beispiel, wenn schon im Betreff angemerkt würde, ob es sich um eine dringende Angelegenheit handelt oder nicht, führt der Experte aus.

Smartphonestreicheln als Volkssport

Wer sich in einer Gesprächsrunde wohlfühlt, braucht kein Handy
Wer sich in einer Gesprächsrunde wohlfühlt, braucht kein Handy © (c) Mirko - stock.adobe.com

Wer „freizeitelt“, der tut das nicht immer im Flugmodus. Gerne steckt dabei das Handy in der Hosentasche, liegt in der Hand oder klebt am Ohr. Oftmals passiert das Smartphonestreicheln ganz nebenbei. Sogar während des Fernschauens. Auch das zeigt diese Studie: Obwohl das TV-Programm eigentlich schon Unterhaltung bietet, greifen 34 Prozent der Österreicher auch vor dem Fernseher mehrmals zum Handy oder Tablet. Der zweite Bildschirm? In den heimischen Wohnzimmern bereits allgegenwärtig. Woher kommt das? „Es ist die Angst, etwas zu versäumen und nicht wichtig zu sein“, erklärt Psychologe Jimenez dieses Phänomen. Diesen Menschen sei es wichtig, gesehen zu werden und auf den sozialen Netzwerken zu zeigen, dass sie aktiv seien.

Der Overkill? Laut dem Arbeitspsychologen habe dieser schon längst angefangen. „Wir befinden uns zwar in einer Übergangsphase, wo alles an Dringlichkeit gewinnt, aber: Wir werden auch selektiver.“ Seine persönliche Wahrnehmung sei es, dass sich größtenteils jüngere Menschen dazu entschließen, der Reizüberflutung den Rücken zu kehren.
Entscheidend ist für den Experten dabei der Faktor Kontrolle. Manche Menschen würden sich in bestimmten Situationen aktiv und bewusst einer Berieselung aussetzen. „Sie tun es, um sich von etwas abzulenken“, erklärt der Psychologe. Wer sich zum Beispiel in einer Gesprächsrunde wohlfühlt, braucht kein Handy. Wer stattdessen zum Smartphone greift, versucht eventuell Unsicherheiten zu überspielen.