Diensthandys, die beim Candlelight-Dinner losbimmeln. Firmen-Laptops, die sich wie von selbst in den Urlaubskoffer schwindeln. Sie kennen das? Völlig normal. Wir sind alle auf Stand-by. Erreichbar zu sein, gehört heute zum Job – und der hält sich nicht an fixe Arbeitszeiten. Die Vorteile sind ja nicht abzustreiten. "Steigende Mobilität, schnellerer Informationsfluss unter Firmenangehörigen, besserer Zugang zu Informationen", fällt dem Arbeits-Psychotherapeuten Helmut Graf ad hoc auf der Haben-Seite ein. Allerdings: Die Überprüfbarkeit des einzelnen Arbeitnehmers steigt. Und, schlimmer: "Private Räume werden mehr und mehr aufgemacht, die mentale Distanz zur Arbeitsstelle fehlt. Psychohygienisch kann das für manche Personen schwierig werden."

Gesetz. Wenn's brenzlig wird, hilft meistens ein Blick ins Gesetz. Hier nicht. Justizia hechelt der rasanten Entwicklung der mobilen Kommunikation nämlich noch hinterher. "Für die Gesetzwerdung ist das alles relativ neu. Deshalb gibt es auch keine dezidierte Rechtssprechung darüber, wie weit Diensthandy und Firmenlaptop Einfluss auf das Leben eines Arbeitnehmers haben dürfen." Wolfgang Bacher, Arbeitsrechtsexperte der Arbeiterkammer Kärnten, verweist auf die Arbeitszeitvereinbarungen im Dienstvertrag, an die sich Arbeitgeber auch im Zeitalter von Smartphones und Co. halten müssten. Allerdings: "Es hängt natürlich von der Tätigkeit ab. Jemand, der im Außendienst tätig ist, wird ein Diensthandy nicht verweigern können." Einen guten Rat hat Bacher in petto: "Noch vor Vertragsabschluss eines Diensthandys mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung treffen." Fragen diskutieren wie: Wie oft und lange wird Erreichbarkeit erwartet? Wie soll die Privatnutzung geregelt sein?

Homo connecticus. Viel öfter als der lästige Chef ist es aber der eigene Leistungsanspruch, durch den sich der "Homo connecticus" – der vollvernetzte Mensch – selbst keinen Feierabend mehr gönnt. Man hängt halt so gern an der Nabelschnur der Bedeutsamkeit. Arbeitspsychotherapeut Graf erkennt weit verbreitete Denkmuster a la "Nur wenn ich alles möglichst schnell erledige, habe ich es gut gemacht." Perfektionismus, der gerne mit "Speed wins" argumentiert. Da muss der zum Spieleabend versammelte Freundeskreis eben warten, bis die wichtige Mail an den Kollegen geschickt ist, oder das halbstündige Telefonat mit dem Chef erledigt. Graf zitiert Studien, laut derer "20 bis 25 Prozent der Angestellten und Manager die zunehmende Mobilität der Arbeit als willkommene Ausrede für ihren eigenen Perfektionismus verwenden".

Kein Zutritt für Arbeit. So viel zum Status quo, der eh immer dynamischer wird. Aber was tun gegen ein Arbeitsleben, das bis in die letzten privaten Ecken vordringt? "Rituale einführen, um die Arbeit bewusst von arbeitsfreien Bereichen zu trennen." Zum Beispiel den Firmenlaptop an freien Tagen ruhen lassen. Diensthandys ab einer gewissen Uhrzeit abschalten. Solche klar gezogenen Grenzen würden auch von Kollegen und Kunden akzeptiert, sofern man sie darüber informiert. "Wenn ich jemanden im Ausnahmefall anbiete, dass er mich während eines wichtigen Projektes auch später am Abend erreichen kann, bekommt das eine ganz andere Qualität", sagt Graf. Es geht, wie so oft, um den richtigen Zeitpunkt und die Balance. Graf: "Es gibt Phasen des hohen Tempos und Phasen der Regeneration." Man muss aber selbst wissen, wann eine die an andere ablöst.