Traumberuf Modedesigner - vor Augen hat man vielleicht einen exzentrischen Kreativkopf, der eine geniale Kollektion aus dem Handgelenk schüttelt, auf den wichtigsten Fashionshows der Welt von allen bejubelt wird und ein glamouröses Leben führt. Für die 99 Prozent, die es nicht dorthin schaffen, sieht der Alltag freilich anders aus - sie müssen sich durch schlecht bis gar nicht bezahlte Praktika kämpfen, mit hohem Zeitdruck zurechtkommen und ihre Arbeit oft an Markt und Massengeschmack anpassen. Die Selbstständigkeit anstatt der Arbeit als angestellter Designer für ein Label bedeutet Freiheit, aber auch Risiko.

Eines, das Eva Poleschinski eingegangen ist, als sie 2005 ihr Label [ep_anoui] gründete. Seither war sie bei vielen internationalen Modeschauen, heuer z. B. auf der Fashion Week Berlin, vertreten, kooperierte mit namhaften Marken wie Campari, Vöslauer, Milka und Swarovski, gewann mehrere Preise und hätte um ein Haar sogar Lindsay Lohan für den Wiener Opernball ausgestattet. Dass diese kurzfristig absagte, ist eine andere Geschichte.

Welcher Weg hat Sie eigentlich in die Modebranche geführt?

POLESCHINSKI: Ich habe mich immer für Mode interessiert und wusste schon als Teenager, dass ich kreativ mit Materialien arbeiten wollte. Ich hätte eigentlich schon mit 14 eine einschlägige Ausbildung beginnen können, habe mich dann aber doch für eine breite Ausbildung entschieden und nach der Matura sogar erst Jus und BWL studiert.

Ein Umweg, der aber sicher nicht umsonst war, oder?

POLESCHINSKI: In der selbstständigen Tätigkeit kommt mir das sehr zugute - ich habe eine Ahnung von Unternehmensführung und rechtlichen Fragen.

Wollten Sie sich immer selbstständig machen?

POLESCHINSKI: Nicht in der Geschwindigkeit. Ich habe als Assistentin bei Emanuel Ungaro in Florida und mit Jobs im In- und Ausland angefangen, dann kam die Chance, meine Kollektion bei der Indie Fashion Week in New York zu zeigen. Für Selbstständigkeit muss man der Typ sein, ich bin aber froh, dass ich diesen Weg gegangen bin.

Kann man Designer werden, wenn man kein Talent zum Nähen hat?

POLESCHINSKI: Grundsätzlich ja, aber ich bin froh, dass ich weiß, wie man näht. Ich mache viel Couture und habe viele Bräute als Kundinnen, mit denen ich die Kleider gemeinsam entwickle.

Wer sind Ihre Kundinnen?

POLESCHINSKI: Das ist sehr unterschiedlich, auch vom Alter her. Preislich geht es mit 85 bis 145 Euro für mein Basisprodukt los. Spezialanfertigungen gibt es ab etwa 2500 Euro.

Fällt Ihnen das kreative Arbeiten unter Zeitdruck schwer?

POLESCHINSKI: Am Anfang war ich irrsinnig gestresst, die Arbeit vor den Shows ist nicht so, wie man sich das vorstellt. Kreativ sein ist auch körperlich anstrengend. Aber wenn ich nur nach Lust und Laune arbeiten wollte, hätte ich mich für die Kunst entschieden.

Wovon lassen Sie sich inspirieren?

POLESCHINSKI: Vom Reisen und von der Kultur. Meine letzte Kollektion war von der Architektur Oscar Niemeyers in Brasilien inspiriert. Die Resonanz nach der Fashion Week in Berlin war irrsinnig gut, seither ist sehr viel passiert - ich habe wohl gerade einen Lauf.