Leben zu retten, ist für viele eine faszinierende Vorstellung. Was war Ihr Antrieb, diesen Beruf zu ergreifen?

REGINE BRIXEL: Ärztin zu werden, war bei mir tatsächlich eine spontane Idee. Kurz nach meiner Matura war ich im Krankenhaus bei einer Führung dabei, in die ich mich hineingeschmuggelt hatte - sie war eigentlich nur für Ärzte gedacht. Ich war so fasziniert, dass ich danach beschloss, Medizin zu studieren.

Sie sind Ärztin für Allgemeinmedizin und unter anderem Intensivmedizinerin. Ist Letzteres Voraussetzung für die Arbeit als Flugrettungsärztin?

BRIXEL: Nein, dafür gibt es eine eigene Ausbildung zur Notfallmedizinerin. Von Nachteil ist es nicht, eine Facharztausbildung zu haben, es kann aber jeder, der Medizin studiert und den Turnus absolviert hat, diese zusätzliche Ausbildung machen.

Was hat Sie an der Notfallmedizin gereizt?

BRIXEL: Ich war bereits während meines Studiums Notfallsanitäterin beim Roten Kreuz. Meine erste positive Reanimation fällt in diese Zeit. Wenn jemand wieder gesund nach Hause geht, ist das ein schönes Erlebnis, das lange im Gedächtnis bleibt.

Und wenn man nicht mehr helfen kann? Wie gehen Sie damit um?

BRIXEL: Wirklich daran gewöhnen kann man sich nie, aber es wird mit der Zeit leichter. Man weiß einfach, dass immer etwas passieren kann. Ich kann mich an ein dreijähriges Kind erinnern, das wir verloren haben; so etwas bleibt einem ein Leben lang im Hinterkopf, vor allem, wenn man eigene Kinder hat.

Wie verarbeitet man einen solchen Berufsalltag?

BRIXEL: Wir setzen uns nach jedem Einsatztag im Team zusammen und arbeiten gemeinsam unsere Erlebnisse auf. Ich habe auch Glück, dass mein Mann viel Verständnis für meinen Beruf hat, weil er früher selbst Notfallsanitäter war. Ich kann mit ihm gut über meine Erfahrungen sprechen.

Wie sieht ein Einsatztag bei der Flugrettung aus?

BRIXEL: Das Team trifft sich morgens um 6.30 Uhr. Die medizinischen Geräte werden überprüft, es wird nachgesehen, ob alles, was gebraucht wird, vorhanden ist. Dann checkt der Pilot noch den Hubschrauber und ab sieben Uhr sind wir in Bereitschaft, bis es dunkel wird - im Sommer dauert der Arbeitstag also deutlich länger als im Winter.

Sie haben auch zwei Söhne im Alter von sechs und acht Jahren. Wie bringen Sie Familie und Beruf unter einen Hut?

BRIXEL: Dass ich zusätzlich zu meinen Arbeitszeiten in der Ordination an zwei Wochenenden im Monat für die Flugrettungseinsätze in Oberwart bin, gehört für meine Familie dazu. Ich bin auch nicht in Karenz gegangen, das hat zum Glück mein Mann übernommen. Wenn man zu lange weg ist, verändert sich in der Medizin sehr viel; man braucht außerdem die Routine. Während der Schwangerschaft darf man ja nicht als Flugrettungsärztin arbeiten. Danach konnte ich es gar nicht erwarten, wieder in den Hubschrauber zu steigen.

Was fehlte Ihnen am meisten?

BRIXEL: Die Abwechslung. Kein Einsatz gleicht dem anderen. Und auch der Kick beim Fliegen. Wenn ich heute junge Sanitäter sehe, erinnere ich mich noch, wie sehr ich mir damals schon gewünscht habe, mitzufliegen.

Sie haben es geschafft. Wie schwer ist es, bei der Flugrettung unterzukommen?

BRIXEL: Es gibt in Österreich schätzungsweise maximal 300 Flugrettungsärzte. Aber wenn man das wirklich möchte und ein bisschen Glück hat, dass sich zum richtigen Zeitpunkt etwas ergibt, schafft man das.