An die 1300 Menschen im Bezirk Völkermarkt sind spielsüchtig. Laut Experten verschlimmert sich die Lage dramatisch. Immer mehr Menschen verlieren ihre Existenzgrundlage und schlittern in die Kriminalität. Die Kleine Zeitung unternahm einen Lokalaugenschein in Gaststätten mit Spielautomaten.

Abwesend. Eine Frau klammert sich mit den Beinen an den Hocker. Die Finger der linken Hand tippen regelmäßig auf die Knöpfe des Glücksspielautomaten. Das Gesicht wirkt im Widerschein der blinkenden Lichter erstarrt. Die Frau reagiert nicht auf Fragen. Sie ist ganz in das Spiel abgetaucht und hat jegliche Kommunikation abgebrochen. Bei einem Lokalaugenschein in Völkermarkts Cafés mit Glücksspielautomaten – drei an der Zahl – wird man zunächst kritisch beäugt. Es ist schwer ein Gespräch mit den Spielern zu finden. Er spiele hier regelmäßig, sagt einer, fast jeden Tag. Warum er das tut, will er nicht erklären. Er rede nicht gerne.

Straffällig und selbstmmordgefährdet. Ernst Nagelschmied, Leiter der Suchberatung des Magistrats Klagenfurt zeichnet ein erschreckendes Bild: "Spielautomaten, also das so genannte kleine Glücksspiel, treiben die Menschen in den Ruin. Durchschnittlich ist ein Spieler mit 50.000 Euro verschuldet. Von unseren 289 Klienten sind 122 straffällig. Spielsüchtige sind außerdem extrem selbstmordgefährdet."

Sozialer Abstieg. Die Schicksale der Spieler und ihrer Familien erfährt man nicht im Wettcafé.  Aber unsere Neugierde ist geweckt, wir suchen Kontakt zu einer Betroffenen. "Angefangen hat es ganz harmlos", erzählt sie. "Aber dann verspielte mein Mann sein ganzes Geld. Wir konnten uns nicht einmal etwas zu essen kaufen." Exekution, sozialer Abstieg und Verarmung sind die Folge. Nagelschmied nennt weitere Fälle: "Wir haben Frauen mit Kindern, die an einem Tag ihr ganzes Karenzgeld verspielen. Spieler borgen sich von überall Geld. So reißen sie auch andere in die Misere."

Automaten im Hinterzimmer. Ein Wettcafé im Anschluss an ein Einkaufszentrum sieht aus wie ein Kaffeehaus von der Stange, nur die Monitore irritieren. Wurzelholzimitate an der Theke, Rohrstühle aus glänzendem Metall. Hier treffen sich viele nach dem Einkaufen. Die Spielautomaten sind im Hinterzimmer verborgen. Der Kellner ist unfreundlich und beruft sich auf das Kärntner Veranstaltungsgesetz, als wir danach fragen, wie viele Stammkunden er denn hätte. Ein anderes Lokal im Hinterzimmer eines Gasthauses erinnert mit seiner schummrigen Beleuchtung und Dekoration an ein Bordell. Reden will auch hier niemand.

5,8 Millionen Euro Steuern. Das Land Kärnten nimmt über das "kleine Glücksspiel" jährlich etwa 5,8 Millionen Euro an Abgaben und Steuern ein. Experten, unter anderem Primarius Herwig Scholz vom Krankenhaus "de La Tour", sehen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Freigabe von Spielautomaten und der wachsenden Zahl der Süchtigen.