Die neue SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner zieht nach dem Wirbel um den Sexismus-Sager des designierten Tiroler SPÖ-Chefs Georg DornauerKonsequenzen. "Die Aussage von Georg Dornauer jun. ist inakzeptabel. Damit ist er als stellvertretender Bundesparteivorsitzender nicht tragbar", erklärte Rendi-Wagner am Donnerstag via Facebook.

Dornauer werde deshalb "keine bundespolitischen Funktionen - weder im Präsidium noch im Vorstand - übernehmen", schrieb Rendi-Wagner, die am Samstag zur neuen SPÖ-Chefin gewählt wird. Dornauer hatte vergangene Woche in einer Landtagssitzung in Richtung der (wegen Krankheit abwesenden) Grünen Landesrätin Gabriele Fischer gesagt: "Ich will mir die Landesrätin nicht in der Horizontalen vorstellen."

Den SPÖ-Frauen ist das nicht genug. Sie fordern den designierten Tiroler SP-Chef Georg Dornauer zum Rücktritt auf. Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek verurteilte in einer Aussendung das "inakzeptable und sexistische Verhalten" Dornauers. Die Bundespartei habe rasch gehandelt: "Als Bundesfrauenvorsitzende erwarte ich mir darüber hinaus, dass er seine Konsequenzen zieht und von den Landesfunktionen zurücktritt."

Als Parteivize zurückgewiesen

Die Tiroler SPÖ-Landesorganisation hatte für die Funktion eines stellvertretenden Bundesparteivorsitzenden und Präsidiumsmitglieds ursprünglich die Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim nominiert. Diese Woche hatte der Tiroler Landesparteivorstand diesen Vorschlag dann noch abgeändert und Dornauer nachnominiert. Dieser Beschluss sollte noch heute per Rundlauf von der Bundespartei mitgetragen werden. Nun will die neue SPÖ-Chefin nach den Aussagen Dornauers, die erst heute medial breit getreten wurden, der Landespartei deren Wunsch verwehren.

Dornauer: "Partei steht hinter mir"

Tirols designierter SPÖ-Chef Georg Dornauer nimmt die Entscheidung der neuen SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner, ihn für alle Bundesgremien abzulehnen, "so zur Kenntnis". "Die Tiroler SPÖ weiß, dass meine Stimme in Wien auch so gehört wird", sagte Dornauer der APA. Die Landespartei stehe jedenfalls voll hinter ihm, er erhalte zahlreiche entsprechende Anrufe.

Er wisse, wie sein umstrittener Sager im Landtag gemeint gewesen sei. Dieser werde nun von der Landes-ÖVP bewusst lanciert und uminterpretiert, um ihn "anzupatzen", erklärte Dornauer. Jeder, der ihn kenne, wisse, dass ihm jegliche Form von Sexismus völlig fremd sei.

Auch aus der Tiroler SPÖ kommen indes kritische Stimmen. Die Abgeordnete Selma Yildirim sprach gegenüber der APA von "völlig inakzeptablem" Verhalten und Innsbrucks SPÖ-Chef Helmut Buchacher bezeichnete die Meldung als "absolutes No-Go". Yildirim will die ganze Causa auch in den Tiroler Gremien debattieren.

"Druck stündlich verstärkt"

Den Schritt der designierten SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner, Dornauer für alle Bundesgremien abzulehnen, sieht Yildirim als "gerechtfertigt" an: "Der Druck aus den Landesparteien - nicht nur aus den Landesfrauenorganisationen - hat sich heute stündlich verstärkt." Dass er sich auch in der Landespartei aus allen Funktionen zurückziehen solle, wie Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek verlangt hatte, halte sie "zu diesem Zeitpunkt" nicht für angemessen. "Zuerst müssen wir den Vorfall in den Gremien besprechen", so Yildirim: "Ich habe heute mit ihm telefoniert, will aber ein persönliches Gespräch führen." Alles in allem sei es für den neuen geschäftsführenden Landesparteivorsitzenden ein "denkbar schlechter Start" gewesen. Buchacher ergänzte: "So eine Stimmung haben wir nicht gebraucht."

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl nahm Dornauer in der ZiB 2 Donnerstag abend in Schutz: Dornauer habe sich entschuldigt, diese Entschuldigung sei angenommen worden. "Er würde sich eine zweite Chance verdienen."

Vergleich mit Dönmez

Ob die Äußerung mit dem Tweet des ehemaligen ÖVP-Abgeordneten Efgani Dönmez zu vergleichen sei ("Schau dir mal ihre Knie an"), der der deutschen Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) unterstellt hatte, ihren Posten durch sexuelle Handlungen erreicht zu haben und daraufhin von der ÖVP aus dem Klub ausgeschlossen wurde, müsse man noch analysieren. "Ich bin mir sicher, das unterscheidet sich voneinander."

Kritik an der Entscheidung der Bundes-SPÖ kam von Tirols ÖGB-Chef und SPÖ-Landtagsabgeordnetem Philip Wohlgemuth. "Das ist ein Schnellschuss, den sie überdenken sollten", erklärte Wohlgemuth gegenüber der APA. Ein Landesparteivorsitzender sollte schon in den Gremien der Bundespartei verankert sein. Dornauer habe sich zweimal entschuldigt - und auch ÖVP-Landtagsvizepräsident Anton Mattle, der den Vorsitz führte, habe diese Entschuldigung akzeptiert. "Irgendwann muss man es auch einmal gut sein lassen. Das wird jetzt schon sehr aufgebauscht", so Wohlgemuth. Dornauers Spruch sei "unglücklich passiert, so etwas sagt man nicht". "Aber ich bin mir sicher, dass er es nicht so gemeint hat", meinte der ÖGB-Vorsitzende.

In der Landespartei sah Wohlgemuth Dornauer unumstritten. Auf die Frage, ob die Tiroler SPÖ nach dem Vorfall weiter zu ihrem designierten Vorsitzenden stehe, sagte er: "Davon gehe ich aus."

Innsbrucks SPÖ-Stadträtin Elisabeth Mayr ortete hingegen ebenfalls "Gesprächsbedarf". Dornauer werde sich in den Gremien der Tiroler SPÖ dazu erklären müssen. Die Reaktion der Bundes-SPÖ könne sie "nachvollziehen". Dornauer müsse zur Kenntnis nehmen, dass der "Korridor für derartige Sager" in seiner Funktion enger geworden sei.

Umstrittener Sager

Zwei Tage vor dem SPÖ-Bundesparteitag und nur drei Tage nach seiner Inthronisierung hatte Dornauer für Gesprächsstoff gesorgt - und zwar konkret mit einem Sager im Landtag. In dem auf Twitter die Runde machenden Video meinte er in Richtung der krankheitsbedingt abwesenden Grünen-LR Gabriele Fischer: "Ich will mir die Landesrätin nicht in der Horizontalen vorstellen."

Der Sager ist in einem Video aus der Landtagssitzung der vergangenen Woche dokumentiert und sorgte im Plenum teils für Erheiterung und teils für ablehnende Reaktionen. Am Donnerstag machte er in Sozialen Medien die Runde.

Donauer: Habe mich schon entschuldigt

Dornauer selbst sagte der APA, dass er sich bereits während der Sitzung erklärt und entschuldigt habe. Der den Vorsitz führende ÖVP-Landtagsvizepräsident Anton Mattle habe ihm daraufhin attestiert, dass diese Entschuldigung "ausreichend" sei und akzeptiert werde. Der 35-Jährige betonte, dass er sich mit dem "Horizontalen"-Sager einzig und allein auf die Bettlägerigkeit wegen Krankheit von Grünen-Landesrätin Gabriele Fischer bezogen habe. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass diese die Landtagssitzung gerade über Livestream verfolge.

Auch von ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf habe er sogleich quasi die Absolution erhalten. Dieser habe erklärt, dass er sich nach der Aussage "nichts dabei gedacht" und den Spruch ebenfalls auf die Bettlägerigkeit Fischers bezogen habe. Er habe gehört, dass die Landesrätin seine Entschuldigung angenommen habe.

"Verbale, sexistische Entgleisung"

ÖVP-Frauensprecherin Abg. Barbara Krenn sprach hingegen von einer "verbalen, sexistischen Entgleisung", die sie als "inakzeptabel und herabwürdigend" bezeichnete und forderte Konsequenzen. "Hier ist SPÖ-Chefin Rendi-Wagner gefordert. Immerhin ist sie ehemalige Frauenministerin und erste Frau an der Spitze der SPÖ", so Krenn. Es wäre "irritierend und beschämend", wenn Rendi-Wagner ein solches Verhalten in ihrer Partei duldete.

"Sexismus jeder Art darf in der österreichischen Politik keinen Platz haben", so die ÖVP-Mandatarin. Frauen aller Couleurs müssten vor derartigen "Angriffen und Machoattituden" geschützt werden. Es sei die Aufgabe der Politik, entschieden gegen derartige verbale Untergriffe vorzugehen. "Als die ÖVP vor kurzem einen ähnlichen Vorfall zu verantworten hatte, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz sofort reagiert", argumentierte Krenn mit dem Fall des ehemaligen ÖVP-Nationalratsabgeordnete Efgani Dönmez, der Anfang September über einen sexistischen Tweet gestolpert war.

"Nicht auf mich ausreden"

ÖVP-Klubchef Jakob Wolf hat Aussagen von Tirols designiertem SPÖ-Vorsitzenden Georg Dornauer zurückgewiesen, wonach er ihm nach dessen umstrittenen Spruch sogleich quasi die Absolution erteilt habe. "Dornauer soll sich nicht auf mich ausreden. Seine Sager war sehr grenzwertig. Ich habe die Aussage im Landtagsplenum akustisch falsch verstanden und wahrgenommen", meinte Wolf gegenüber der APA.

Auch andere Kollegen hätten den Dornauer-Spruch im ersten Augenblick falsch verstanden, sagte der ÖVP-Klubobmann. Er habe von der Aussage lediglich mitbekommen, dass Landesrätin Fischer (Grüne) Angina habe, krank zu Hause sei und sie "in der Horizontalen" die Debatte mitverfolge. Jetzt, nach Durchsicht des Videos, komme die Aussage des Bald-SPÖ-Chefs aber anders rüber, so Wolf.

Auch auf Bundesebene reagierte die ÖVP. "Bei dieser Aussage handelt es sich um einen völlig inakzeptablen Untergriff des designierten SPÖ-Tirol-Chefs. Ich hoffe, dass so etwas keinen Platz in der Rendi-Wagner-SPÖ hat", so Frauen- und Familienministerin Juliane Bogner-Strauß in einer schriftlichen Mitteilung. Auch sie erinnerte an den Fall Dönmez, auf den die ÖVP mit dem Rauswurf aus dem Parlamentsklub reagiert hatte.

"Der Sager spricht für sich"

Die betroffene Landesrätin Gabriele Fischer (Grüne) wollte den Sager indes nicht kommentieren, wie es aus ihrem Büro hieß. Dieser spreche aber "für sich". Eine persönliche Entschuldigung habe es von Dornauer bis dato keine gegeben. Jedoch habe sich der designierte SPÖ-Chef im Landtag bald darauf für seinen Sager entschuldigt.