Keine Fernseher, keine große Küche, dafür hunderte Bücher, Spiele, ein großer Garten, ein überlebensgroßes "Mensch ärgere dich nicht" und ein heimeliges Ambiente. Das sind die Eckdaten eines der unkonventionellsten Hotels rund um und in Osttirol. Dieter und Heidi Mayr-Hassler vom Buch- und Spielhotel Tschitscher in Nikolsdorf gehen bewusst andere Wege. "Wer sich darauf einlässt, erfährt nach einigen Tagen des Loslassens und der Entschleunigung wahre Erholung", erzählt Dieter Mayr-Hassler und fügt hinzu: "Ein solches Konzept gibt es in ganz Europa nur noch einmal in Griechenland." 2012 transformierte das Ehepaar das damalige Gasthaus in das besondere Hotel. Gespielt wurde bereits zu Gasthauszeiten viel, Dieter Mayr-Hassler ist selbst begeisterter "Kartendippler", Heidi Mayr-Hassler hingegen ist ein ausgewiesener Bücherwurm - so war die Idee geboren. Über tausend Bücher, bevorzugt klassische Belletristik, befinden sich im Haus - dazu zahlreiche Hörbücher, die über anachronistisch erscheinende CD-Player in den Zimmern abgespielt werden können.

Das überlebensgroße "Mensch ärgere dich nicht" im Garten ist ein Gästemagnet
Das überlebensgroße "Mensch ärgere dich nicht" im Garten ist ein Gästemagnet © Eder

500 Spiele für alle Geschmäcker

Im Erdgeschoss befinden sich die Spielzimmer - über 500 Spiele gibt  es im Hotel. "Die ersten 200 hatte ich alle im Kopf, mittlerweile ist es schon schwieriger geworden. Aber ich würde sagen, gute 90 Prozent beherrsche ich", sagt Mayer-Hassler, der als Spieleflüsterer gerne Gäste berät. Die meisten konventionellen Spiele würden nach zwei Konzepten funktionieren: Entweder sie sind Karten-, Würfelspiele oder eine Kombination daraus. Neben den Klassikern wie Mensch ärgere dich nicht, Schach oder Monopoly und aktuellen Spielen wie das Osttiroler Spiel "Fräulein Mair entdeckt Osttirol" hat das Spielehotel auch einige verborgene Schätze im Lager. "Ein Salzburger Spieleforscher war so begeistert vom Hotel, dass er uns ein altes ägyptisches Spiel überlassen hat", erzählt Mayr-Hassler.

150 Jahre hat diese Kegelbahn schon auf dem Buckel
150 Jahre hat diese Kegelbahn schon auf dem Buckel © Eder

350 Jahre Traditionsbetrieb

Apropos alt. Das Tschitscher kann auf eine stolze Historie verweisen. Seit 350 Jahren wird das Traditionshaus als Gastbetrieb geführt. Im  Jahr 1672 strebte Joseph Gerbitschitscher erstmals die Konzession an und sorgte für den Vulgonamen des Hauses. Seit 1880 wird der "Tschitscher" als Familienbetrieb geführt. Für die 350-jährige Historie wurde vor einigen Tagen die Auszeichnung "Tiroler Traditionsbetrieb" des Landes verliehen.

1880 bekam das Gasthaus den Namen "Zum goldenen Stern"
1880 bekam das Gasthaus den Namen "Zum goldenen Stern" © KK/Privat

"Operation Andreas Hofer"

Ein Treffen mit beinahe bedeutsamen historischem Ausmaß ereignete 1809 sich in den Räumlichkeiten des Gasthauses. Freunde und Weggefährten des Tiroler Freiheitskämpfers Andreas Hofer - darunter auch Tschitscher - schmiedeten den Plan, Hofer mittels Bestechungsgeld aus seiner Haft in Mantua befreien. Doch da sie alle selbst steckbrieflich gesucht wurden, traute sich keiner nach Südtirol zu reisen, man schickte einen Knecht. Diesem blieben in der Bank aber vorerst die vereinbarten 300 Gulden verwehrt und die Zeit reichte nicht mehr aus, um Hofer vor seinem Todesurteil zu bewahren. "Weil sie Hosenscheißer waren, sind sie nur eine Randnotiz der Geschichte", bringt es Mayr-Hassler pointiert auf den Punkt. Spiele, Bücher und Geschichte, das eint den Tschitscher in Nikolsdorf.