Im November 2004 wurde die damals 6-jährige Yasmine auf dem Schulweg von Beamten "abgeholt". Auf Antrag des türkischen Vaters musste sie and eine Kinderpsychologin übergeben werden. Danach wurde zu ihm in die Türkei geflogen. Hier der Artikel:

Franziska Kobal ist nur noch ein Häufchen Elend. Ihr zweieinhalbjähriger Sohn Dominik spielt unbeirrt in der kleinen Wohnung des Lienzer Volkshauses. Beistand leisten der Lienzerin in dieser schwierigen Zeit nur ihre zwei Schwestern. Ohne sich von ihrer geliebten Tochter Yasemin verabschieden zu können, wurde die Sechsjährige gestern früh auf dem Weg zur Schule von zwei Gerichtsvollziehern "abgeholt". Auf dem Schulweg, vor den Augen ihrer Schulkameraden.

"Wo ist meine Tochter?". Auf Antrag des türkischen Kindesvaters musste die kleine Yasemin, nach einem monatelangen Tauziehen um das Sorgerecht, an die zuständige Kinderpsychologin Ernestine Trefalt übergeben werden. Yasemin hatte am Freitag wie jeden Morgen, seit sie die Volksschule Nord besucht, die Wohnung gegen 7.50 Uhr verlassen. Ihre Mutter wollte ihr zum Abschied vom Fenster im ersten Stock nachwinken. "Doch kurz nachdem meine Tochter die Wohnung verließ, hat es an der Tür geläutet und ich machte auf", erzählt Franziska Kobal in Tränen aufgelöst. Da hielt Bezirksrichterin Elisabeth Tegischer der zweifachen Mutter im Beisein von zwei Gendarmen einen Gerichtsbeschluss unter die Nase. Kobal: "Ich brauchte fünf Minuten, um zu begreifen, was da ablief. Mein erster Gedanke: Wo ist meine Tochter?" Kobal lief zum Fenster, um Nachschau zu halten. Doch es war zu spät: Zwei Männer hatten Yasemin von der Emanuel-von-Hibler-Straße weg in ein Auto mit laufendem Motor gebracht und waren davongebraust.

In der Türkei geboren. Kein Abschied, kein Lebewohl, nur die Schultasche am Rücken, der geliebte Bär blieb im Kinderzimmer zurück. "Ist mein Kind schon außer Landes, sitzt es schon im Flugzeug nach Istanbul?" Fragen über Fragen - quälende Stunden für die 41-Jährige, die sechs Jahre mit ihrem Gatten im Istanbuler Stadtteil Fati gelebt hat. "Es war die Hölle damals und mir blieb vor zwei Jahren nur noch die Flucht nach Österreich", erinnert sich die Osttirolerin. Zu diesem Zeitpunkt war sie schwanger und Dominik kam in Lienz zur Welt. "Aber Yasemin hatte das Pech, in der Türkei geboren zu werden, daher hat ihr Vater mir vorgeworfen, dass ich sie entführt habe." Aber was hätte sie tun sollen? Immer wieder reißt die Frau die Arme hoch, fährt über das Gesicht und wischt sich das Tränenmeer ab: "Yasemin kann kein Wort türkisch, wie soll sie sagen, was ihr fehlt. Körperliche Schmerzen heilen, in der Seele werden immer Narben bleiben".

Der Morgen brachte nichts Gutes. Dabei war der Freitagabend für Yasemin, Dominik und Franziska Kobal schon so schön geplant gewesen: Die Familie wollte den Lienzer Christkindlmarkt besuchen. Doch der Morgen brachte der Familie nichts Gutes.

Yasemin jemals wiederzusehen, bleibt für Franziska Kobal vorerst nur ein Wunsch. Denn nach 18 Uhr hob gestern der Flieger von Wien Richtung Istanbul ab - mit Yasemin an Bord.