Ari Rath, der legendäre aus Österreich stammende Journalist, der Teil jener Gruppe war, die den Staat gegründet hat, meinte über Sie: Dieser bescheiden aussehende Mann ist der Schlüssel zur Erforschung der systematischen Enteignung des Judentums. Ein hohes Lob!
HUBERT STEINER: Stimmt, aber ich gebe zu, als ich am Donnerstag die Goldene Medaille meiner Heimatstadt Klagenfurt, erhalten habe, war ich mehr gerührt denn je, da kam alles hoch: die Eltern, die nicht mehr sind, die Jugend. Man hätte mich auch vergessen können, immerhin war ich 30 Jahre weg. Aber man richtete mir eine Feier aus. Da bin ich ehrlich dankbar – und auch ein wenig stolz, dass mein Lebenswerk offensichtlich nicht das schlechteste war.

Sie arbeiten im Staatsarchiv Enteignungen und Verbrechen der Nazis an österreichischen Juden auf. Woher die Leidenschaft für ein belastendes Thema?
Ich wusste schon bei der Berufswahl in den 1970ern, dass dieses Thema heiß wird für die Republik. Damals gab es die Fernsehserie „Holocaust“ über die – fiktive - Familie Weiss, seither beschäftigte ich mich damit. Ende der 1980er Jahre dann mein „lucky punch“: die Stelle mit diesen Akten wurde frei und ich konnte meine Arbeit aufnehmen.

Ihr Arbeitsbeginn fiel zeitlich mit der Waldheim-Affäre zusammen.
Entsprechend waren die Angriffe auf mich. Man sagte: Der Steiner trommelt das Weltjudentum zur Generalanklage gegen Österreich herbei. Dabei ging es mir immer nur um die Aufarbeitung – den Familien der Betroffenen übrigens auch. Die paar Nötsch, die die Republik als Entschädigung zahlte, interessierten ja niemanden, der Angehörige in Theresienstadt oder einem anderen Konzentrationslager verloren hatte. Die Leute wollten die Wahrheit erfahren, Gewissheit haben. Man war da oft erste offizielle Anlaufstelle für Menschen, denen von diesem Staat Unrecht angetan wurde, die ver- oder sogar gejagt wurden. Das war keine leichte Aufgabe.