Eine Sekunde der Schwäche, ein unerwarteter Schwindelanfall nach schnellem Aufstehen, ein kleiner Ausrutscher – und das Leben wird nie wieder so sein, wie es vorher war. Pläne und Träume der Zukunft zerstorben in einem Sturm von Schmerzen, Arbeitsfähigkeit und Lebensfreude begraben unter der Gewissheit, ab nun für immer ein Mensch mit Behinderung zu sein, angewiesen auf Hilfe von anderen. Damit rechnet man nicht, darauf ist man nicht vorbereitet und damit kommt man vielleicht nie wieder zurecht.

Und doch ist es grausame Realität für den mehrfachen Familienvater Albert F.*, der nach einem Sturz über die Treppe querschnittgelähmt ist und laut Prognosen der Ärzte nie mehr gehen wird können. Für den überaus aktiven Workaholic, der sich als Handwerker hinaufgearbeitet und im technischen Bereich selbstständig gemacht hatte und meist mehrere Jobs zugleich ausführte, ist die Diagnose niederschmetternd. Erst vor wenigen Jahren hat er mit seiner Frau das mit viel Mühe, Liebe und Fleiß gebaute Einfamilienhaus bezogen, wollte schon im stressigen, verantwortungsvollen Beruf etwas kürzertreten, um nach langen Jahren des Sparens und harten Arbeitens mehr Zeit für die Familie zu haben. Aber erst wollte er die letzten Raten abzahlen.

Entsetzliche Gewissheit

Und dann passierte es. Albert F. war alleine im Gebäude, saß am Schreibtisch, als das Telefon im unteren Stockwerk klingelte. Er stand auf und wollte die Stiege hinuntergehen. Doch es wurde ihm schwindlig, er verlor das Gleichgewicht, stürzte und fiel. Als er am untersten Treppenabsatz aufschlug und zu liegen kam, hatte er sieben Wirbel gebrochen und die Lunge gequetscht. Doch das wusste er noch nicht. Er spürte zwar seine Beine nicht, versuchte aber, auf dem Boden robbend zur Tür zu gelangen. Dadurch wurden die Wirbel verdreht. Das Martyrium begann. Wochenlange Krankenhausaufenthalte, zahlreiche Operationen, Wirbelfixierungen mit Eisenplatten, schmerzhafte Therapien, monatelange Reha-Aufenthalte.

Und dann, nach langer Zeit bangen Hoffens, die entsetzliche Gewissheit, dass er nie mehr gehen und vom Nabel abwärts nie mehr etwas spüren wird können. Zeit seines Lebens wird er auch auf Katheter angewiesen sein. „Er kann sein Schicksal nicht annehmen“, sagt die Gattin verzweifelt. „Er hat sich über seine Arbeit definiert und kann sich nicht vorstellen, sie nicht mehr ausüben zu können. Er fühlt sich nur mehr als halber Mensch.“

Da seine Tätigkeit auch mit teils gefährlichen körperlichen Aktivitäten verbunden war, wird er umlernen müssen. Sofern dies überhaupt möglich sein wird. „Er kann die Arbeiten rund ums Haus nicht mehr machen, er fühlt sich nutzlos“, schildert die Gattin die psychische Not ihres einst sportlichen Mannes, der nun große Probleme mit seinem Selbstwertgefühl hat und sich am liebsten versteckt. Auch die Kinder leiden, können die Wahrheit nicht verarbeiten und meiden den Vater. „Für alle ändert sich alles“, fasst die Mutter ihre Zukunftsängste zusammen. „Mit so einem Albtraum habe ich nie gerechnet. Ich muss alles neu regeln, neue Ziele setzen.“

Umbauten

Neu sind auch die Lebensbedingungen, das Wohnumfeld muss neu gestaltet werden. Die Räumlichkeiten, in denen sich Albert F. aufhält, müssen umgestaltet werden, Mauern müssen durchgebrochen, Bad und Toilette neu und behindertengerecht gebaut werden. Auch Terrasse und Zufahrt müssen rollstuhltauglich gemacht werden. Große Umbauten und Investitionen sind nötig.

Allein ein Plattformlift, mit dem Albert F. ins Schlafzimmer gelangen kann, kostet 38.000 Euro. Öffentliche Zuschüsse machen maximal 8000 Euro aus. Der Badezimmerumbau mit Badewannenlift ist mit 14.000 Euro veranschlagt. Doch der Familienernährer wird nie mehr so viel verdienen wie bisher. Die Ersparnisse sind in den Hausbau geflossen. Die finanzielle Zukunft ist ungewiss. Ganz schrecklich war für Frau F. die erste Zeit nach dem Unfall, als sie plötzlich allein mit den Kindern dastand. Mindestsicherung erhielt sie nicht, da ja ein Eigenheim vorhanden war. Sie musste vieles, darunter das Auto, verkaufen, um die harte erste Zeit zu überbrücken.

Eine befristete Berufsunfähigkeitspension wird die Kosten nicht decken können. „Jahre lang haben wir jeden Cent für das Haus zur Seite gelegt. Und nun ist alles kaputt.“ Frau F. kämpft mit den Tränen. „Ich darf den Kopf nicht hängen lassen, ich muss mich für die Kinder zusammenreißen.“ Doch das fällt ihr manchmal sehr schwer. Zumal sie ihrem Mann, der sich sehr in sich zurückzieht, nicht helfen kann. „Ich kann ihm nicht Mut machen und ihm das Leiden nicht abnehmen. Das ist das Schlimmste.“ Als Weihnachtsgeschenk wünscht sich Frau F., dass ihr Mann lernen möge, sein schweres Schicksal anzunehmen.

* Namen von der Redaktion geändert

Kennzahl 2

Wir berichten über die fünf besonders hart vom Schicksal betroffenen Familien, für die wir in der Weihnachtsspendenaktion um Ihre Unterstützung bitten. Wollen Sie einem der Fälle helfen, ersuchen wir Sie, bei der Einzahlung die jeweilige Kennzahl anzuführen. Mit Spenden ohne Kennzahl helfen Sie Hunderten anderen Bedürftigen.