Immer öfter hört man diesen Satz: "Das Klima war schon immer im Wandel." Können Sie ihn noch ertragen?
Ulrich Pöschl: Zunächst: Er ist absolut korrekt. Man muss nur wissen, dass die letzten 10.000 Jahre, das heißt, in der gesamten Entwicklungsgeschichte der menschlichen Zivilisation, das Klima sehr stabil war. Aber die Geschwindigkeit des Klimawandels und dass er vom Menschen verursacht ist, ist neu und eine Bedrohung für unsere Zivilisation und Lebensgrundlage.

Das klingt nach dem Ende der Menschheit – überzeichnen Sie nicht?
Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Starkregen und Überschwemmungen häufen sich und bereiten in vielen Regionen der Welt schon jetzt Probleme. Zudem bedroht der Meeresspiegelanstieg die Küstenregionen dieser Welt, in denen der Großteil der Weltbevölkerung lebt und auch ein Großteil des wirtschaftlichen Umsatzes gemacht wird, wodurch unser gesamtes Wirtschaftssystem unter Druck gerät und einbrechen kann. Durch Überhitzung und Überflutung von Regionen im Mittelmeerraum, in Afrika und Asien werden viele Millionen Menschen gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen. Dagegen waren die Migrationsbewegungen von 2015 eine Kleinigkeit. Und wir können in Zustände geraten, wie sie in der Völkerwanderungszeit am Ende der Antike herrschten.