Ein abschreckendes Flügelmuster schützt giftige Schmetterlinge vor Fressfeinden. Trotzdem ist es lokalen und zeitlichen Trendsunterworfen, berichten Tiroler Forscher mit Kollegen. Sie fanden rund um die Flügelfärbungs-Gene lateinamerikanischer Falter charakteristische Spuren ("selective sweeps") rascher, jüngster Änderung der Mustermode. Die Studie erschien im Fachjournal "Plos Biology".

In Mittel- und Südamerika gibt es Schmetterlinge der Gattung "Heliconius" mit charakteristischen Farbmustern aus roten oder gelben Bändern auf schwarzen Flügeln. Sie sind typisch für diese giftigen Schmetterlinge, so die Forscher um Markus Möst vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck. Jungvögel müssen erst ein oder zwei von ihnen probieren, um dieses Muster mit der Giftigkeit des vermeintlichen Futters in Verbindung zu bringen, erklärte er im Gespräch mit der APA. Je mehr Schmetterlinge dasselbe Muster tragen, umso höher sei der Schutz für einzelne Individuen.

Es ist deshalb unter mehreren Heliconius-Arten der Gruppe "melpomene" (Großer Kurier) und "erato" (Kleiner Kurier) verbreitet. Diese beiden Gruppen haben sich aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt, sind genetisch aber gänzlich voneinander getrennt. Sie zeigen unterschiedliches Verhalten, locken potenzielle Partner mit unterschiedlichen Duftstoffen (Pheromonen) an und können sich nicht miteinander paaren.

Flügelmuster

Doch in den einzelnen Gegenden tragen sie dasselbe Flügelmuster, sie passen sich also regional optisch aneinander an. Diesen Schutzeffekt durch ein gemeinsames Warnsignal nennt man "Müllersche Mimikry". "Sie kopieren ihr Aussehen also lokal", sagte Möst. An einem beliebigen Ort in Süd- oder Mittelamerika würde man stets Populationen von "melpomene" und "erato" mit identem Flügelmuster finden. An unterschiedlichen Orten tragen die Individuen beider Arten eine andere Mode.

"Wie ihre Flügelmuster genetisch codiert sind, ist bereits aus zahlreichen vorhergehenden Untersuchungen bekannt", so Möst: Es gibt vier Stellen (Loci) im Genom, die es zeichnen: "Ein Locus für das rote Muster, einer für das gelbe, ein anderer definiert die Form des Vorderflügel-Bandes und ein weiterer kann das Gelb im Muster in Weiß umschalten", erklärte er.

Damit es verlässlich schützt, sollten die Schmetterlinge ihr Muster eigentlich nie ändern. Das passiert aber laut den Forschern ständig. Sie untersuchten das Erbgut von 600 Individuen der "Heliconius"-Schmetterlinge aus 53 Populationen von verschiedensten Regionen Mittel- und Südamerikas. Dort fanden sich charakteristische Spuren jüngster Veränderungen rund um die Farbmuster-Gene, nämlich "selective sweeps". Das sind Täler mit geringer Variation, weil sich eine bestimmte Genform durch einen starken Vorteil rasch durchgesetzt hat (Selektion) und die Erbgut-Abschnitte rundum nach dem Motto "mitgehangen-mitgefangen" in der Population uniform sind.

Mit der Zeit erodiert aber der Zusammenhalt und aus jungen, tiefen Tälern, werden alte, seichte Becken, die schließlich ganz verschwinden. Bei den "Heliconius"-Schmetterlingen waren diese "selective sweeps" aber noch äußerst markante Einschnitte aus jüngster Zeit. Die Schmetterlinge ändern demnach äußerst modebewusst immer wieder ihr Aussehen.

Warum dies passiert, ist unklar, so Möst. Möglicherweise variiert der "Räuberdruck", wenn zum Beispiel ein Tropensturm die Vögel stark dezimiert, und die Schmetterlinge können unterschiedliche Moden ausprobieren, bis die Vogel-Populationen wieder massiv zunehmen, und sich die Falter auf ein einheitliches Aussehen einigen müssen. "Die Mimikri-Selektion würde dann Individuen mit jenem Muster bevorzugen, das gerade am häufigsten ist", erklärte Möst. Somit gäbe es einen neuen Trend, dem aber tunlichst alle folgen sollten.