Bilder wie aus einer Tolkien-Verfilmung, mit erstaunlich unbekümmert in relativer Nähe zur Lava stehenden Menschen: Der Fagradalsfjall, ein Schildvulkan auf der Halbinsel Reykjane im südwestlichen Island, speit seit seinem Ausbruch am 19. März frische Lava. okumentiert wurde das nicht zuletzt mit faszinierenden auf Youtube gestellten Drohnen-Überflugsvideos. Die Eruption hat mittlerweile von den Isländern den Namen "Geldingadalsgos" bekommen.

Wie es mit Fagradalsfjall weitergeht, ist noch unklar: Jón Frímann, ein isländischer Geologe, der sich seit Jahrzehnten mit Vulkanen beschäftigt, gibt im Interview seine Einschätzung: Verglichen mit bereits erlebten Vulkanausbrüchen sei der aktuelle zwar "winzig" – laut isländischen Vulkanismus-Experten könnte er aber quasi feuriger Vorbote eines neuen Schildvulkans sein. Falls die eruptive Aktivität auch nach einer Woche nicht nachlasse, stünden die Chancen dafür gut, lautet die Einschätzung des Isländischen Wetterdienst (IMO) und Islands Universität im 30 Kilometer vom Fagradalsfjall entfernten Reykjavik samt Hauptflughafen Keflavík. In weiterer Folge könnte es laut Frímann zu jahrelanger eruptiver Aktivität im Geldingadals-Tal, in dem der Vulkan liegt, kommen.



Es war die Chronik eines angekündigten Ausbruchs: Bereits seit Wochen waren in der Gegend stärkere seismologische Aktivitäten registriert worden, bis es am 24. Februar zu einem Erdbeben der Stärke 5,7 gekommen war. Auch in den Tagen nach dem Ausbruch gab es laut IMO Hunderte kleinere Beben. "Derzeit sieht es nicht danach aus, dass sich der Fagradalsfjall so schnell beruhigt. Aber wir werden sehen", sagt Frímann. Es gelte weiter Daten auszuwerten – für eine langfristige Aktivität spreche aber, dass es sich beim aktuellen Vulkangestein um Tholeiit-Magma aus der Erdkruste der ozeanischen Platten handelt.

Einsatzkräfte haben mittlerweile einen Pfad mit der kürzesten Route zum Vulkan errichtet - das IMO rät indes ob bedenklicher Schwefeldämpfe dazu, das Areal zu verlassen. Was die Landsleute vor Ort betrifft, zeigt sich der Experte etwas beunruhigt: "Ich finde das schon riskant, zumal eine neue starke Eruption stets möglich ist. Am Wochenende kollabierte ja der Hauptkrater und gab Ströme von Lava frei." Zudem wurde viel 'Inflation' festgestellt – darunter versteht man das Eindringen von Fluiden wie Magma, Gas, Wasser in einen Magmenkörper. Der Vulkan bläht sich auf, wodurch seine Hänge steiler werden. Bemerkenswert ist der Ausbruch auch weil es seit 800 Jahren keine Eruption mehr auf der Reykjanes-Halbinsel gegeben hat, ergänzt Geophysiker Magnús Tumi Gudmundsson.



Die Isländer sind Vulkane, ohne die es ihre Insel so nicht gäbe, gewohnt. Dem Rest der Welt sind sie seit 2010 ein Begriff: Damals fegte die kilometerhohe Aschewolke aus dem Eyjafjallajökull (in etwa wird er "Ai-ja-fjah-dla-jo-kudl" ausgesprochen) den internationalen Luftverkehr ins Chaos. "Das wird dieses Mal ausbleiben", ist sich Frímann sicher. Aschewolken seien vor allem dann zu erwarten, wenn es zu Vulkan-Aktivität am Meeresboden kommt.

Das bestätigt auch Marcus Hirtl, Experte der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): "Die zu erwartenden Aschemenge hängt stets vom Vulkan und auch seiner Umgebung ab. Gletscherbedeckung sowie allgemein der Kontakt mit Wasser sind kritisch, zumal es zu sekundären Dampfexplosionen kommen kann. Das Problem bei dem Ausbruch 2010 war, dass die Asche aufgrund der Großwetterlage über große Teile von Europa transportiert wurde. Zusätzlich hat man die Konzentrationswerte nicht genau genug gekannt."