Was tun, wenn das tägliche Leben wegen Verkehrschaos und Überbevölkerung zur Qual wird und zudem steigender Meerespiegel und Erdbeben als Damoklesschwerter über einem hängen? Indonesien will die Zehn-Millionen-Einwohnerstadt Jakarta als Hauptstadt aufgeben und in einem Waldgebiet auf der Insel Borneo eine neue Hauptstadt aus dem Boden stampfen.

Heute noch soll das entsprechende Gesetz eingebracht werden. Ehrgeizige Pläne, aus der Not heraus geboren wurden – auch wenn es Joko Widodo anders formuliert: Der Staatschef begründete die Wahl des neuen Ortes mit dessen "strategischer Lage im Herzen Indonesiens". Das Risiko von Überflutungen, Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen sei "minimal". Augenblicklich wüten Feuer auf Borneo und Sumatra – in den ersten fünf Monaten dieses Jahres traf es bereits 43.000 Hektar Regenwald.

Einen Namen hat die geplante neue Hauptstadt des 265-Millionen-Einwohner-Staats in der Nähe der Stadt Balikpapan im Osten von Borneo bislang noch nicht. Klar scheint aber, dass der Umzug von Parlament und Regierung aus der Noch-Hauptstadt auf Java 2024 begonnen werden soll. Die Kosten werden mit umgerechnet 30 Milliarden Euro beziffert.



Bis auf Weiteres dürfte den Einwohner von Jakarta noch die Luft wegbleiben: Regelmäßig werden sie von einem Schleier aus giftigem Smog eingehüllt. Erst im heurigen Juli verklagte eine Gruppe von Einwohnern die Regierung wegen der exorbitanten Luftverschmutzung. Der Klimwandel trägt seinen Teil dazu bei, dass die Stadt früher oder später endgültig unbewohnbar sein wird: Schon 40 Prozent von Jakarta befinden sich inzwischen unter dem Meeresspiegel.

Widodo spart derweil nicht mit großen Worten: "Wir müssen über die großen Interessen der Nation sprechen - auch, wie sich ein so großes Land dem globalen Wettbewerb stellt." Indonesien brauche eine "smarte, grüne und schöne Stadt". Eine Machbarkeitsstudie gibt es jedenfalls: Etwa zehn Jahre dürfte der vielleicht größte Umzug der Geschichte dauern. Umweltschützer sehen die "grüne Lunge" Bormeo längst ernsthaft in Gefahr.

So ganz einzigartig ist die Idee nicht: Auch Ägypten spielt sich ernsthaft mit dem Gedanken seine Hauptstadt Kairo zu "verlagern". Weg von Kairo, etwa 50 Kilometer weiter in Richtung Osten.