Er ist bleich, staubig, unnahbar und unwirtlich – doch er steht hoch im Kurs: Im Juli 2019 wird sich die erste bemannte Mondlandung zum 50. Mal jähren. Parallel dazu ist das Interesse, zum Erdtrabanten zu fliegen, wieder voll aufgegangen: Luna lockt mehr nationale Raumfahrtagenturen denn je, daneben Privatunternehmen und sogar Raumtouristen: "In der Diktion mehrerer Raumfahrtnationen wird der Mond bereits als 'achter Kontinent' bezeichnet", bilanziert Gernot Grömer, Astrophysiker, Direktor des Österreichischen Weltraumforums (ÖWF) und Moderator auf Servus TV.

Rückkehr bis 2021

Die USA wollen quasi ihr eigenes Erbe antreten und bis 2021 dorthin zurückkehren, wo im Dezember 1972 mit Eugene Cernan und Harrison Schmitt mit Apollo 17 die letzten Menschen bei einem Sechstel der irdischen Schwerkraft herumhüpften. Zunächst soll es eine unbemannte Mission sein, ermöglicht durch die Kooperation mit privaten Weltraumunternehmen. US-Präsident Donald Trump legt den Fokus mäßig überraschend auf den Aufbau einer US-Weltraum-Streitkraft – parallel dazu plant die Nasa aber auch die bemannte Raumstation "Gateway" im Mondorbit. Bis auf 1500 Kilometer wird man sich der Oberfläche von Luna annähern.



Raumfahrtfrächter und Meta-Denker Elon Musk will nicht so lange warten und 2023 den japanischen Milliardär Yusaku Maezawa ins All schicken. Als erster Weltraumtourist soll der 43-Jährige den Mond umrunden. Gehen die Pläne von SpaceX auf, wäre der Charterflug eine Zeitenwende in der Raumfahrt. Ein alleiniges Vorpreschen privater Unternehmen bei bemannten Mond- und Marsexpeditionen hält Grömer aus heutiger Sicht jedoch für "eher unwahrscheinlich".



Auch Russland, das sich mit den USA einst Zweikämpfe im All lieferte, visiert bis Anfang der 2030er-Jahre eine bemannte Mondmission an. Dies wäre ein spätes Aufzeigen nach der Pannenserie, die die Sowjets in den Siebzigern ihre Pläne für eine bemannte Landung aufgeben ließ. Die Zeiten änderten sich und so setzt auch Baikonur auf Zusammenarbeit mit anderen Nationen. Man will sich sogar am US-Projekt "Gateway" beteiligen, allerdings nicht als Juniorpartner, ließ Dmitri Rogosin, Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, jüngst wissen.

Gernot Grömer, Astrophysiker, Direktor des Österreichischen Weltraumforums (ÖWF) und Moderator auf Servus TV
Gernot Grömer, Astrophysiker, Direktor des Österreichischen Weltraumforums (ÖWF) und Moderator auf Servus TV © ÖWF



Sehr am Mond interessiert zeigen sich auch die Chinesen: Um den Jahreswechsel soll die erst vor drei Wochen gestartete Sonde "Chang'e 4" auf der der Erde abgewandten Hälfte aufsetzen. "Chang'e 5" soll 2019 folgen und Gesteinsproben zur Erde mitnehmen. In eine andere, ebenfalls recht unerforschte Region wird "Chandrayaan 2" vordringen: Die indische Sonde wird noch im Jänner am Südpol landen. Selbst die Israelis wollen vorstellig werden, mit dem Raumschiff "Beresheet", das von einer SpaceX-Rakete vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral ins All gebracht wird. Mit einer digitalen, prall gefüllten Zeitkapsel, in der unter anderem Lieder, Kinderzeichnungen und ein Bericht über den Holocaust gespeichert sind. Das Projekt "Mission to the Moon" der Berliner PTScientists sieht vor, im Sommer 2019 zwei Rover im Taurus-Littrow-Tal aufsetzen zu lassen – mit einem Raumschiff aus Marzahn. Exklusiv-Medienpartner Red Bull wird das Ereignis in Szene setzen – diesmal geht es weiter als bloß in die Stratosphäre.



Man wird sehen, wie weit es private Initiativen bringen: Der von Google ausgeschriebene "Lunar XPrize"“ sollte 20 Millionen US-Dollar an jenes Projektteam vergeben, dem eine (relativ) kostengünstige Landung auf dem Mond gelingt. Das Projekt hob nie wirklich ab, was auf die Komplexität solcher Missionen hinweist. Jan Wörner, Chef der europäischen Raumfahrtorganisation ESA, träumt von einem "Moon Village": Eine internationale, von Industrie, Raumfahrtagenturen und öffentlicher Hand geschaffene Mondbasis ließe etwas gelingen, das auf der Erde Utopie bleibt: ein friedliches Miteinander aller, ein Menschen-Habitat, frei von kleingeistiger Aggression.

"Wann, nicht ob"

Dass der Mond einmal Außenposten der Menschheit sein wird, ist für Grömer unbestritten: "Es ist nicht eine Frage, ob, sondern wann es dort permanente Stationen ähnlich jenen der Antarktis geben wird – und welche Länder investieren. Auf Basis besserer Datenlage beginnen sich wertvolle Mondregionen abzuzeichnen – jene, wo Wassereis aufgespürt wurde und es maximales Sonnenlicht zur Energiegewinnung gibt." Über allem die Frage des Warum. Neben wissenschaftlichen Zwecken und Interesse an Rohstoffen ist Präsenz am Mond ein geopolitisches Statement: "Wir haben Ressourcen, Technologie und den Willen, uns im Bereich Exploration zu engagieren."



Der Mensch mag seit 46 Jahren nicht mehr dort gewesen sein, Spuren blieben: 800 Gegenstände von 80 Missionen – Abfall, gelandete und zerschellte Flugkörper, Ausrüstung. Daneben liegen eine Bibel, eine Falkenfeder und ein goldener Olivenzweig als Friedenssymbol auf dem Mond. US-Astronaut Alan Shepard hinterließ einen Golfball als Andenken: Diesen hatte er im Rahmen der Apollo-14-Mission 1971 abgeschlagen, um zu sehen, wie weit dieser bei verminderter Schwerkraft kommt. Der Ball flog sehr weit – wie all die neuen Pläne für eine Rückkehr zum Erdtrabanten.