Die Abhängigkeit von Erdgas ist in der Bundeshauptstadt besonders groß. Mehr als zwei Drittel aller österreichischen Gasheizungen befinden sich in Niederösterreich und Wien. Fast die Hälfte aller Wiener Wohnungen werden mit Gas geheizt. Fernwärmeversorgung, die teils auch Gas benötigt, ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Klimaerhitzung und die Abhängigkeit von Russland machen den Ausstieg aus Erdgas – vor allem im Privatbereich – dringend erforderlich. 

In Wiener Neubauten werden daher ab 2023 keine Gasheizungen mehr verbaut. Eine weitere konkrete Änderung soll ebenfalls im kommenden Jahr erfolgen. Ab dann soll nämlich das Spital in Floridsdorf zu drei Viertel mit der Abwärme des Rechenzentrums Interxion geheizt werden. Eines Zentrums, wo auch ein großer Streamingdienst viele Server betreibt. Drei Wärmepumpen entziehen dem rund 26 Grad warmen Kühlwasser die Wärmeenergie und nutzen diese, um die Klinik Floridsdorf mit bis zu 82 Grad zu heizen. Das abgekühlte Wasser fließt zurück zum Rechenzentrum, wo es wieder zur Kühlung eingesetzt wird (siehe Grafik).

"Die Abwärme, die ein Rechenzentrum erzeugt, stellt die Wärmeversorgung eines ganzen Spitals sicher. Mit diesem klugen Konzept wird Energie bestmöglich genutzt und wir sparen klimaschädliches Öl und Gas ein. So schaffen wir die Wärmewende", ist Klimaschutzministerin Leonore Gewessler überzeugt.

Kreislauf von Heizen und Kühlen

Die Klinik Floridsdorf hat, bei einer Heizleistung von 13 Megawatt, einen jährlichen Warmwasserverbrauch von 73.000 Kubikmetern und einen Jahreswärmeverbrauch von 21.361 Kilowattstunden. 90.000 Laufmeter Heizung sind in dem 800-Betten-Spital verbaut und die Klinik Floridsdorf wird im Schnitt an 150 Tagen im Jahr beheizt.

Bis 2040 soll die Wiener Fernwärme vollständig klimaneutral produziert werden. Großes Potenzial bietet neben Geothermie und Großwärmepumpen die Nutzung von vorhandener Abwärme in der Stadt. Um diese künftig auch effizienter speichern zu können, arbeitet man an der TU Wien übrigens gerade an einem neuen Verfahren. Die Methode eigne sich ideal zur Nutzung der Abwärme von Industrieanlagen, die umweltfreundlich praktisch unbegrenzt lange gespeichert werden kann.

Das Verfahren ist bereits patentiert und nutzt eine kostengünstige und einfach verfügbare chemische Verbindung, die relativ ungefährlich sei und oft genutzt werden könne. "Das Verfahren ist aktuell auch noch auf universitärem Level und nicht für den industriellen Einsatz verfügbar", sagt Wien-Energie-Sprecher Alexander Hoor dazu. Man beobachte die Entwicklungen aber genau. Bei dem Projekt in Floridsdorf benötige man keine Speichervorrichtung, bei künftigen Projekten aber sehr wohl.