Wie von Ministerpräsident Markus Söder angekündigt, hat Bayern eine Testpflicht für Berufspendler aus ausländischen Corona-Hotspots eingeführt; sie gilt mit dem heutigen Freitag. Wer aus einem Risikogebiet regelmäßig mindestens einmal wöchentlich in das deutsche Bundesland zu Berufs- oder Bildungszwecken einreist, muss der zuständigen Behörde regelmäßig Corona-Tests vorlegen. Deutschland stuft fast ganz Österreich als Risikogebiet ein. Aus Österreich kam daher auch Kritik.

"Wer aus einem Risikogebiet (...) regelmäßig mindestens einmal wöchentlich nach Bayern einreist, um sich dort aus beruflichen oder geschäftlichen Gründen, zu Ausbildungszwecken oder zum Schul- oder Hochschulbesuch aufzuhalten, muss der für den Berufs-, Geschäfts-, Ausbildungs-, Schul-oder Hochschulort zuständigen Kreisverwaltungsbehörde oder einer von ihr beauftragten Stelle unaufgefordert und unverzüglich 1. binnen sieben Tagen nach der ersten auf den 23. Oktober 2020 folgenden Einreise und 2. danach regelmäßig in jeder nachfolgenden Kalenderwoche ein Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen", heißt es neu in der abgeänderten bayerischen Einreisequarantäneverordnung.

Das Testergebnis muss auf Deutsch oder Englisch sein und auf einer molekularbiologischen Testung basieren. Der Test darf nicht älter als 48 Stunden sein. Wer Covid-19-Symptome zeigt, muss zudem die Behörden in Bayern darauf hinweisen. Unterzeichnet hat die geänderte Verordnung die bayrische Landes-Gesundheitsministerin Melanie Huml. Sie wurde am Freitag im "Bayerischen Ministerialblatt" als Amtsblatt von Bayerns Staatsregierung kundgemacht und trat somit in Kraft.

"Unser Ziel ist, dass die Grenzen offen bleiben", hatte Ministerpräsident Söder am Mittwoch betont, aber hinzugefügt: "Wer Grenzen offen halten will, der muss auch für mehr Sicherheit sorgen." Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) will nächste Woche am Dienstag Söder einen Besuch in München abstatten, um unter anderem über diese Fragen zu sprechen.

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hätte sich eine "gewisse Vorbereitungszeit" vom Nachbarn erwartet. Eine solche wäre "wünschenswert" gewesen, sagte er gegenüber der APA. "Dass die Regelung nahezu ohne Vorlauf umgesetzt wurde, stellt viele Unternehmen vor große Probleme", meinte er.

Aus der Sicht des Präsidenten der Arbeiterkammer (AK) Tirol, Erwin Zangerl, sorgt die Testpflicht für Verwirrung und Unverständnis vor allem bei den rund 3.000 Berufspendlern aus Tirol, aber auch bei jenen aus Vorarlberg und Salzburg. "Die Situation ist chaotisch", erklärte Zangerl in einer Aussendung. "Vor dem Wochenende wird eine derartige Verordnung durchgepeitscht, ohne sich Gedanken zu machen, was das für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für die deutschen Arbeitgeber bedeutet, wie das funktionieren oder wer das bezahlen soll."

Der AK-Tirol-Präsident fordert nun, dass sich nicht nur Deutsche bei ihrer Rückeinreise in die Heimat gratis testen lassen können sondern auch Berufspendler. "Die Tests sollen von der bayerischen Staatskasse getragen werden, zumal die Wertschöpfung auch in Bayern bleibt und der dortigen Wirtschaft zugutekommt." Sollte das Land Tirol oder der Bund bei von Zangerl geforderten Gesprächen mit Bayern kein solches Recht für Grenzgänger erreichen, will Zangerl, dass ab Montag an grenznahen Teststationen Tests durchgeführt werden können.

Ähnlich äußerte sich der Vorarlberger Wirtschaftskammerpräsident Hans Peter Metzler, der für rund 900 Pendler aus Vorarlberg nach Bayern sprach.

Auch AK-Salzburg-Präsident Peter Eder befürchtet ein Chaos. Eder forderte Schnellteststraßen an der Grenze, deren Kosten von Bund und Land getragen werden. Eine Erhebung der AK Salzburg im August 2020 habe ergeben, dass für einen PCR-Test zwischen 115 und 175 Euro zu berappen sind. Sich wöchentlich testen zu lassen, bedeute damit einen zusätzlichen Kostenaufwand von 460 bis 700 Euro pro Monat.

Die Wirtschaftskammer Salzburg (WKS) will, dass Bayern die neue Testpflicht für ausländische Berufspendler sofort wieder rückgängig macht. Die neue Verordnung sei EU- und wirtschaftsfeindlich und stelle eine massive Behinderung des Binnenmarkts dar.

Wegen der auch hierzulande steigenden Infektionszahlen hatte Deutschland am gestrigen Donnerstag bekanntgegeben, seine Reisewarnungen für Österreich auszuweiten. Das Robert-Koch-Institut als zuständige Seuchenbehörde stuft mit Ausnahme Kärntens mittlerweile alle österreichischen Bundesländer als Risikogebiet ein. Die Reisewarnung für die acht Bundesländer gilt ab Samstag.

Bereits bisher hatte das wichtige Urlauberland Deutschland vor Reisen nach Wien, Tirol und Vorarlberg - mit Ausnahmen der Exklaven Kleinwalsertal und Jungholz - gewarnt. Mit Samstag 00.00 Uhr kommen auch Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg, die Steiermark und das Burgenland dazu. Einreisende aus Risikogebieten müssen für 14 Tage in Quarantäne, können sich aber durch einen negativen Test vorzeitig davon befreien lassen.

Bestimmte Gruppen - darunter Grenzpendler - sind von der Quarantäne ausgenommen. Im Detail regelt jedes deutsche Bundesland die Ausnahmen anders. So müssen in Bayern Personen, die aus dem Ausland "zwingend notwendig und unaufschiebbar beruflich (Grenzpendler) oder medizinisch veranlasst" einreisen nicht in Quarantäne. Auch der Besuch eines Kindes bei geteiltem Sorgerecht, eines Lebenspartners oder einer zu pflegenden Person gilt weiterhin als Ausnahmegrund. Durch die heutige Neuverordnung müssen Grenzpendler zwar auch weiterhin nicht in Selbstisolation, sie müssen aber eben einen Corona-Test vorlegen. Neben Österreich ist Tschechien wohl am stärksten von der neuen Regelung betroffen.

Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt in Deutschland, wenn ein Land oder eine Region den Grenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschreitet.

Neben der neuen Testpflicht traten in Bayern laut der Deutschen Presse-Agentur am Freitag auch schärfere Regeln für extreme Corona-Hotspots in Kraft. In Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die Marke von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen überschritten wurde, dürfen Veranstaltungen nur noch mit maximal 50 Teilnehmern stattfinden. Zudem gilt eine Sperrstunde ab 21.00 Uhr. Betroffen davon sind derzeit elf Regionen, u.a. der an Oberösterreich grenzende Landkreis Passau, das an Salzburg grenzende Berchtesgadener Land und das an Tirol grenzende Rosenheim.