Sie ist so etwas wie ein Tabubruch – die heute beginnende „Sommerschule“. Denn an neun Wochen Sommerferien hat bisher kein Bildungsminister ernsthaft gerüttelt. Bis Heinz Faßmann (ÖVP) für Pflichtschulkinder mit schlechten Deutschnoten dieses coronabedingte Förderprogramm für die letzten beiden Ferienwochen schuf.

In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland startet der Förderunterricht heute, die restlichen Bundesländer beginnen am 31. August. Österreichweit haben sich rund 24.400 Kinder und Jugendliche freiwillig für das Gratis-Förderangebot angemeldet.

Böse Überraschungen für das Personal


Überraschungen gab es in den Sommerschulen schon vor Beginn. Denn das Konzept „Team Teaching“ – ausgebildete Lehrer sollen mit Deutsch-Lehramtsstudierenden im Tandem eingesetzt werden – wird nicht umgesetzt. Ganz im Gegenteil: Ein Betroffener, der lieber anonym bleiben möchte, berichtete von zu wenig Pädagoginnen in seiner Sommerschule. Nun müsse jeder Lehramtsstudent selbst eine Klasse übernehmen. Manche sogar zwei, weil noch kurzfristig Personal abgesprungen ist. Das wurde dem Lehramtsstudenten vor drei Tagen mitgeteilt.

Unterrichten als Ehrenamt

All das ohne Bezahlung. Außer in Salzburg, wo die Studierenden immerhin eine Aufwandsentschädigung von 640 Euro bekommen, ist der Unterricht für die Nachwuchslehrer ein Ehrenamt. Auch Bildungsdirektion Wien dagegen bietet ihren Studierenden lediglich die Möglichkeit sich diese „Schulpraxis“ für die Uni anrechnen zu lassen. Dies ist mitunter auch ein Grund, warum es besonders in der Bundeshauptstadt einen Mangel an Personal gibt. Aber auch die einzelnen Schulstandorte versuchten jeden zusätzlichen Kostenpunkt einzudämmen, wie Studierende berichten. So hätten manche Schulleiter dezidiert untersagt Kopiergeräte und andere Infrastruktur zu nutzen „weil man für standortfremde Schülerinnen nicht aufkommen möchte.“

50 Tage dauerte der Lockdown in den Volksschulen im vergangenen Frühjahr. Und auch danach gab es lediglich einen Mix aus wenigen Präsenzterminen und „Home Schooling.“ Wiens Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) bezeichnete deshalb die Corona-Sommerschule des Bundes im Wien.memo-Gespräch im Juli bereits als  „viel zu kurz gedacht,“ das Jammern darüber aber auch als „vergossene Milch“. Viel lieber möchte man in Wien aber auf das eigene Konzept der Sommer City Camps hinzuweisen. „Das dauert immerhin neun Wochen und nicht nur zwei, ist ganztägig und bietet neben Deutsch-Förderklassen auch Mathematik, Englisch und viel Sportliches sowie kreatives Freizeitprogramm,“ so der Sprecher des Stadtrats. Zur verstärkten Kooperation wäre man bereit. Im Bildungsministerium plant man jedenfalls bereits eine Neuauflage 2021. Schule in den Ferien wird also kein Corona-Phänomen bleiben.