Nach einer Welle von Anti-Rassismus-Protesten richten die USA ihren Blick auf die Beisetzung des vor gut zwei Wochen bei einem Polizeieinsatz getöteten Afroamerikaners George Floyd. Die Beerdigung im kleinen Kreis war am Dienstag in Pearland bei Houston in Texas geplant.

Dort standen bereits am Montag viele Menschen bei brütender Hitze vor der Kirche Schlange, in der der Sarg der neuen Symbolfigur der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung aufgebahrt wurde. In der Kirche defilierten Tausende Trauernde an dem goldenen Sarg des Verstorbenen vorbei, wobei einige sich bekreuzigten und andere die Faust ballten. Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai gestorben, nachdem ein weißer Polizist in Minneapolis ihn minutenlang mit dem Knie auf dem Hals zu Boden gedrückt hatte.

Debatte über Polizeigewalt wühlt USA auf

Der Beamte ließ auch dann nicht von Floyd ab, als dieser mehrfach flehte, er bekomme keine Luft. Der Vorfall wurde mit einer Handykamera festgehalten und wühlt die USA seither auf. Er löste tägliche Demonstrationen in zahlreichen US-Städten aus, bei denen es am Rande zu teils schweren Ausschreitungen und auch Plünderungen kam. Der Tod führte auch zu weltweiten Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt. Mehrere US-Städte haben in der Folge zum Teil tief greifende Reformen angekündigt. Die Demokraten stellten jüngst im Kongress einen Gesetzentwurf gegen Polizeibrutalität vor.

Der Demokrat Joe Biden, der bei der Wahl im November gegen US-Präsident Donald Trump antritt, hat Medienberichten zufolge für die private Trauerfeier Floyds eine Videobotschaft vorbereiten lassen. Am Montag sprach er Floyds Familie persönlich sein Beileid aus. Mehr als eine Stunde lang habe sich Biden mit Floyds Verwandten in Houston getroffen, erklärte der Anwalt der Familie, Benjamin Crump. "Er hörte zu, hörte ihren Schmerz und teilte ihr Leid." Nach dem Treffen postete Crump ein Foto, auf dem auch der Bürgerrechtler Reverend Al Sharpton zu sehen ist. Es wurde erwartet, dass dieser die Trauerrede für Floyd halten wird.

Biden, der Vize des früheren US-Präsidenten Barack Obama war, spricht von "systemischem Rassismus" bei der Strafverfolgung und fordert politische Maßnahmen, um dies zu ändern. Er wirft Präsident Trump vor, mit seinen Reaktionen auf die Massendemonstrationen das Land zu spalten. Trump hatte vergangene Woche mit Floyds Familie telefoniert. Floyds Bruder Philonise bezeichnete das Gespräch als "knapp" - Trump habe ihm keine Gelegenheit gegeben, viel zu sagen.

Trump, der in Meinungsumfragen hinter Biden liegt, prüft seiner Sprecherin zufolge mehrere Vorschläge, die als Reaktion auf den gewaltsam Tod des Afroamerikaners vorgelegt wurden. Ein Gesetzentwurf der Demokraten gegen Polizeigewalt enthalte jedoch inakzeptable Punkte, sagte sie. Laut Trump sollte die Finanzierung der Polizei nicht gekürzt werden: 99 Prozent der Beamten seien "großartige Menschen".

Die Polizei in den USA ist grundsätzlich kommunal organisiert. Die Stadt Minneapolis hat ein komplett neues Modell angekündigt. Auch in New York sind Reformen geplant. Laut Bürgermeister Bill de Blasio sollen Teile des Polizeibudgets künftig in Jugend- und Sozialdienste fließen.